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Dessin, Gustav Friedrich Max
23.12.1902-?

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Viereck Olaf Simons, 2004

 

 

Biographie
Dokumente
Veröffentlichungen
Literatur

 

Geboren am 2.12.1902 in Nowawes, Kreis Teltow (bei Berlin) als viertes und letztes Kind des Oberpfarres Hermann Dessin (verstorben 1927) und der Mutter Eugenie, geb. Krause. Schulausbildung in Nowawes mit Abschluß des Realgymnasiums, danach Studium der Theologie in Berlin und Greifswald. Arbeiten als freier Schriftsteller mit mäßgem Erfolg. Vom 1.4.1928 bis zum 15.10.1933 Abteilungsleiter im Evangelischen Pressverband für das Rheinland in Essen bei schließlichem Jahreseinkommen von 5.000 RM. Vom 15.10.1933 bis zum 15.2.1937 Verlagsredakteur in der Buchhandlung des Erziehungsvereins in Neukirchen/ Kreis Mörs bei Jahreseinkommen zwischen 5.500 und 6.300 RM.

 

 

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1937-1946 Hauptlektor bei Bertelsmann

1937 holt Heinrich Mohn Dessin in den Verlag C. Bertelsmann, nachdem das Unternehmen seit 1935 deutlich die Wende vollzogen hat, die es zum Großverlag machen wird. Das ursprüngliche Jahreseinkommen liegt mitsamt den Honorareinkünften bei 6.300 RM.

Dessins Position ist anfangs umstritten. Fritz Wixforth hatte aus dem Vertieb heraus 1928 die Initiative zu einem belletristischen Programm entwickelt. Der Schritt in die großen Geschäftserfolge verdankte sich vor allem Johannes Banzhaf, der 1934 den Aufbau des Kriegsbücher-Programms bei Bertelsmann zuwege brachte und die Jugendheft-Serie Spannende Geschichten betreute. Banzhaf sah, soweit aus den Aussagen früherer Mitarbeiter ersichtlich wurde, die Position des Lektors, die früher oder später definiert werden mußte (im theologischen Verlag konferrierte Mohn selbst mit den Autoren, respektive den Reihen- und Zeitschriftenherausgebern, die ihrerseits mit den Autoren korrespondierten), auf sich zukommen.

Dessin arbeitete nicht im Bürokomplex des Verlags. Er nahm nicht an den Sonntag-Morgen Besprechungen teil, die Fritz Wixforth bei sich zu Hause abhielt, und bei denen bislang die Programm-Fragen besprochen wurden. Er residierte stattdessen in seinem Haus "Unter den Ulmen", das er zu einem eigen Ort literarischen Lebens zu formen suchte - mißtrauisch dabei beäugt von den Kollegen. Sein Briefpapier identifizierte ihn bezeichnenderweise nicht als den "Hauptlektor" des Unternehmens, sondern als "Literarischen Mitarbeiter des Verlages C. Bertelsmann in Gütersloh. und Herausgeber der Zeitschrift Frohes Leben" Bei der Zeitschrift handelte es sich um den ehemaligen Christlichen Erzählers, der seit 1935 unter neuer Herausgeberschaft unter dem Titel Der Lichte Weg firmierte. Als Frohes Leben machte das Blatt unter Dessin den Schritt in den Nationalsozialismus mit Huldigungen an Hitler, seine Parteitage und an die Kraft-durch-Freude-Bewegung mit ihrem ganz neuen Freizeitverständnis. Vor allem taugte das Blatt Dessin als Plattform, auf der er Autoren seiner Wahl ansprechen konnte.

Einflußreich für den Verlag wurde Dessins Korrespondenz mit Will Vesper und Hans Grimm (der in späteren Jahren allerdings darauf bestand, vom Verlagschef persönlich betreut zu werden). Eine entscheidende Position gewann er, als nach 1939 Behördenkontakte immer wichtiger wurden. Anfang der vierziger war er derjenige, der für den Verlag die entscheidenden Unterhandlungen in den Ministerien führte. Seine Initiativen brachten Hans Grimm und Will Vesper für Bertelsmann zum Einsatz und verhinderten 1943 nachweislich die Schließung des Unternehmens. Dessins Jahreseinkommen besserte sich mit den gewaltigen Honorareinkünften, die er während des Krieges erzielte von 7.600 RM im Jahr 1939 auf 15.000 und 14.000 RM in den Jahren 1943 und 1944.

Dessin wurde 1946 abrupt zum Austritt aus dem Verlag gezwungen, als die alliierten Behörden darauf drangen, daß das Unternehmen alle ehemaligen Parteimitglieder aus den führenden Positionen entließ. Dessin reichte am 27.2.1946 zeitgleich mit Steinsiek und Berthoud seine Kündigung ein, ohne den politischen Grund geltend zu machen.

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1946 Nach dem Krieg erneute Arbeit im evangelischen Publikationswesen?

Über Gustav Dessins weiteres Schicksal ist nichts im Unternehmen C. Bertelsmann bekannt. Die Briefe, mit denen er sich von den von ihm betreuten Autoren verabschiedete, erwecken den Eindruck, als habe er seine Demission als Schicksalsschlag verbucht und eine erneute Anbindung an die evangelische Pressearbeit gesucht.

 

Dokumente

3.9.1939

Schreiben Gustav Dessin an Hans Grimm zum Kriegsbeginn und zur Frage einer den Krieg unterstützenden sukzessiven Veröffentlichung von Grimms Heynade und England.

2.4.1943

Schreiben Gustav Dessin an Hans Grimm wg. drohender Schließung des Verlags C. Bertelsmann.

7.4.1943

Schreiben Will Vespers an Dessin mit beigefügtem Schreiben, das Vesper an Staatssekretär Gutterer sandte, um die Schließung des Unternehmens zu verhindern und die Ausgliederung des theologischen Verlags als Lösung ins Spiel zu bringen.

15.4.1943

Schreiben Dessins an Hans Grimm nachdem Abwendung der Schließung vom Verlag C. Bertelsmann.

17.5.1943

Schreiben Dessins an Gerhad Steinsiek, Geschäftsführer im Unternehmen nach Berlin-Besuch. Informationen zu Besuchen im Propagandaministerium (Erckmann - Themen Verlagsschließung, Papierbewirtschaftung, Hans Grimm), im Werbe- und Beratungsamt (Fr. von Unruh), bei der Luftwaffe (Oberst von Fölkersamb), Fritz Otto Busch, August Winnig, Prof. A. O. Meyer, Beda Prilipp.

8.2.1946

Schreiben Dessins an Hans Grimm, auf dessen Suche nach einer neuen Hilfe mit dem Angebot einer blonden, keine Brille tragenden Westfälin.

 

Veröffentlichungen

Klaus Unruh. Roman, 1.-3. Tsd. (1926).

Oberpfarrer Dessin zum Gedächtnis, 1. Tsd. (1928).

[Mitherausgeber:] Grundliste für evangelische Laienspieler, (1929).

Helden, Evangelisches Märtyrerbuch, 1.-4. Tsd. (Konstanz: Christliche Verlagsanstalt, 1929).
— Neu durchgesehene Aufl., 5.-10. Tsd. (Konstanz: Christliche Verlagsanstalt, 1938).

[Leitung:] Buch und Botschaft, Blätter für evangelisches Büchereiwesen, (Juni 1930 bis Oktober 1933).

[Mitautor:] Grundstock einer evangelischen Gemeindebücherei (1932).

Deutsche Botschaft von erde und Ewigkeit, 1.-2. Tsd. (1934).

Der Stern des Lebrecht Hopmann, 1.-10. Tsd. (Konstanz: Christliche Verlagsanstalt, 1936).

Du und das Buch (Privatdruck, 500 Expl., 1936).

[Herausgeber:] Frohes Leben (vom 1.4.1937 bis 31.3.1943).

[Herausgeber:] Bei Nacht und Tag 212.000 Expl. Feldausgabe (1941).

Kleine Prosa, 1.-5. Tsd. (1942).

 

Literatur

Friedländer Saul et al. (eds.), Bertelsmann im Dritten Reich (Gütersloh: Bertelsmann, 2002).


Ende