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Gustav Dessin an Hans Grimm wg. drohender Schließung des Verlags C. Bertelsmann
Gütersloh, 2.4.1943

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Viereck Transkript: Olaf Simons

Einordnung

Dessin informiert Grimm über die drohende Schließung des Verlags C. Bertelsmann und seine Bemühungen, diese in Verhandlungen in Berlin zu verhindern. Insbesondere die Wehrmacht soll sich für das Unternehmen eingesetzt haben, während "bestimmte Kräfte" (die Repräsentanten des Parteiverlags der NSDAP?) auf der anderen Seite auf die Schließung hinarbeiten.

Dokument

Literaturarchiv Marbach: Nachlaß Hans Grimm

Gustav Dessin
Literarischer Mitarbeiter des Verlages C. Bertelsmann in Gütersloh. Heraus-
geber der Zeitschrift "Frohes Leben"
Gütersloh am, 2 April 1943
Unter den Ulmen 1
Fernruf 2072
D[essin]/Tr[use]

 

Herrn
Dr. Hans Grimm
Lippoldsberg / Weser
Klosterhaus

 

Sehr geehrter Herr Doktor,

hoffentlich haben Sie Ihr neues Lebensjahr bei gutem Befinden beginnen können!

Wie ich Ihnen neulich schrieb, hatte ich in Berlin Verhandlungen von besonderer Tragweite zu führen. Es ging um das Schicksal unserer gesamten Verlagsarbeit. Wir mußten nämlich zu unserer völligen Überraschung aus verschiedenen Anzeichen entnehmen, daß man unserern Verlag auf die Liste der zu schließenden Verlage gesetzt hat. Ich war dann zweimal tagelang in Berlin und bin den Dingen nachgegangen. Es ist dabei alles getan worden, was nur getan werden konnte. Wir waren auch nicht ohne Hilfe: im besonderen hat sich, neben einigen Stellen der für uns zunächst zuständigen Behörde die Wehrmacht für uns eingesetzt. Leider schwebt die Sache aber immer noch, und so fahre ich heute wieder nach Berlin, um noch einmal auf die maßgebenden Stellen einzuwirken.

Sachlich gesehen, erscheint eine negative Entscheidung einfach undenkbar. Die Leistung unseres Verlages für Front und Heimat hat in verschiedenster Hinsicht kaum ihresgleichen. Auch wenn von den 1800 deutschen Verlagen nicht vier- oder fünfhundert, sondern nur einige wenige bestehen bleiben, müßte unser Verlag unter diesen sein. Anscheinend sind aber bestimmte Kräfte am Werk, die von anderen Gesichtspunkten ausgehen. Aber auch die müssen sich sagen, daß eine negative Entscheidung außerordentliches Aufsehen erregen würde — nicht nur im gesamten Buchhandel und überhaupt im Schrifttum, sondern auch in der Bevölkerung Westdeutschlands und darüber hinaus

Ich habe Ihnen diese Dinge nicht eher mitgeteilt, um sie nicht unnötig zu beunruhigen. Da inzwischen aber manche Gerüchte zu Ihnen gedrungen sein können, halte ich es im Einverständnis mit Herrn Mohn jetzt für meine Pflicht. [...]


Ende