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Beumelburg, Werner
Pseudonym Mcgogo [Schriften nicht nachgewiesen]
19.2.1899-9.3.1963

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Viereck Olaf Simons, 2004

 

 

Biographie
Veröffentlichungen
Nachlaß
Literatur
Werner Beumelburg, 1933
Unterschrift

Aufn. Scherls Bilderdienst 1933

 

 

Biographie

Geboren am 19.2.1899 in Traben-Trarbach, Mosel, Sohn des Superintendenten Eduard Beumelburg und der Marie geb. Waldeyer, jüngerer Bruder des Rundfunkintendanten Walther Beumelburg Schulbesuch bis zum Notabitur 1916 ebendort. Meldung zum Kriegsdienst in Koblenz-Ehrenbreitstein. Teilnahme am Ersten Wektkrieg zuerst als Fahnenjunker eines Pionierbattalions. 1917 Beförderung zum Offizier, Einsatz vor Verdun später verarbeitet in mehreren Büchern, Auszeichnungen EK I und EK. II.

Nach dem Krieg Studium der Geschichte und Staatswissenschaften in Köln, ab 1921 Schriftleiter der im Reichswehrministerium in Berlin herausgegebenen Deutschen Soldatenzeitung. In der Folge Arbeit als politischer Schriftleiter der Deutschen Allgemeinen Zeitung. 1924 Wechsel zu den Düsseldorfer Nachrichten, ab 1926 Arbeit als freier Schriftsteller.

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Schriftsteller mit Deckung der Militärbürokratie

Beumelburg gehört in das Zentrum der Autoren, die im Lauf der zwanziger Jahre in die Auseinandersetzung mit dem Ersten Weltkrieg einstiegen und aus dieser Position heraus offensiv gegen den politischen Status Quo der Weimarer Republik argumentierten. Im Gegensatz zu Jünger, Remarque, Ettighoffer und Thor Goote schrieb Beumelburg seit Beginn der zwanziger Jahre aus dem engen Kontakt zur Militärbürokratie heraus - sein Douaumont-Veröffentlichung (Oldenburg: G. Stalling, 1923) war 1922 vom Reichsarchiv in Auftrag gegeben worden. Empfindlich reagierte er gemeinsam mit Ettighoffer und Goote auf die Veröffentlichung von Remarques Im Westen nichts Neues (1928). Die Anknüpfung an das pazifistische Sentiment stand für ihn bei allem Konsens darüber, daß der Krieg für den Soldaten an der Front tatsächlich die Erfahrung entmenschlichender sinnloser Gewalt bedeutete, so wenig wie für Ettighoffer und Goote zur Debatte. Wo Ettighoffer sich in Schauerromantik erging und Geschütze einen Friedhof zerwühlen ließ, und wo Thor Goote eine eigene Form von Proto-Existentialismus in den Raum stellte, mit dem sein Held gerade in der Sinnlosigkeit des Kampfes noch den Posten hielt, da inszeniert Beumelburg mit seinem Roman Gruppe Bosemüller (1930) eine Kleingruppe, die sein Erzähler von außen beobachtet. Eigenartig bleiben die Ausblendungen: Anders als bei Remarque, Ettighoffer und Goote gibt es in Beumelburgs Roman der Kämpfe um Verdun kaum Begegnungen mit dem Feind. Die Helden setzen sich dem Gefechtsfeuer aus, Metallsplittern, Erdrutschen, nirgends jedoch gibt es hier die Kommunikation mit gefangenen Gegnern, intensiveren Austausch gar mit einem sterbenden Feind. Zermürbend ist für die von Beumelburg beobachteten Männer die Gewalt der Angriffe, das Zusammenspiel von Krach und physischer Wucht, und die Zufälligkeit, mit der eine tödliche Verwundung jederzeit jedem droht. Ein Mann erschießt sich vor einem abermaligen Sturmangriff ein anderer schießt in Alternative zum Selbstmord in einem späten Kampf schließlich solange ungedeckt auf freiem Feld stehend um sich, bis er sich von Kugeln durchsiebt nicht mehr auf den Beinen halten kann. Kritik trifft bei Beumelburg eine Militärführung, die es der vordersten Frontlinie nicht gestattet, auch nur Bodengegebenheiten - von wo kann diese Linie beschossen werden - ins Kalkül zu nehmen. Eine Kritik an der Kriegsplanung, die Opfer in dieser Höhe, einen Wetteifer im Ausbluten der gegnerischen und der eigenen Truppen riskierte, fehlt bei ihm ebenso wie ein Bericht der militärischen Aktion, die nach Verdun führte. Dem größeren politischen Sujet widmete sich Sperrfeuer um Deutschland (1929): eine populäre Gesamtschau des Ersten Weltkrieges, die aus der Vogelperspektive der politischen Analyse das Deutsche Reich als Opfer der Machtpolitik portraitierte. Die Darstellung kennt Kapitel wie den Marsch durch Belgien, der unter nüchternerer Perspektive Deutschland als Okkupant von erschreckender Rücksichtslosigkeit gezeigt hätte, statt dessen jedoch einen glanzvollen Siegeszug militärischer Entschlossenheit skizziert. Sie mündet in ein emphatisches "vae victis"-Kapitel, in dem die siegreichen Alliierten als Demütiger auftreten. Mit allen Rekapitulationen des diplomatischen und innenpolitischen Schlagabtauschs bleibt das Buch ein Kompendium der offiziösen Weltkriegsgeschichte, die noch im Dritten Reich den Schulunterricht bestimmte.

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Schrifttumsrepräsentant und Kriegsberichterstatter - Karriere im Dritten Reich

Mit der "Machtergreifung" der Nationalsozialisten macht Beumelburg 1933 Karriere im hohen Literaturbetrieb. Am 5.5.1933 befindet er sich mit Hans Friedrich Blunck, Hans Carossa, Peter Dörfler, Paul Ernst, Friedrich Griese, Hans Grimm, Hanns Johst, Erwin Guido Kolbenheyer, Agnes Miegel, Börries von Münchhausen, Werner Schäfer, Emil Strauß und Will Vesper unter denen, die nach der Säuberung der Preußischen Akademie der Künste von allen jüdischen Mitgliedern die freigewordnenen Plätze einnehmen. Beumelburg beerbt dabei Oskar Loerke als "Schriftleiter". Kunstpreise folgen wie 1936 der "Literaturpreis der Stadt Berlin" und 1937 der "Kunstpreis der Deutschen Westmark".

Unklar bleibt, wann die Distanzierung vom Regime einsetzte. Gerd Elgo Lampel berichtete in einer schriftlich niedergelegten Erinnerung von Besuchen bei Beumelburg ab 1940 - Beumelburg habe sich ihm gegenüber äußerst abfällig über Hans Zöberlein, Heinrich Anacker, Hanns Johst und auch Hans Grimm geäußert. In seinem Arbeitszimmer - dem "Chef-Zimmer" in seinem Haus in Neu-Fahrland (am Krampnitzsee bei Potsdam), in das er Fremde nicht vorließ - hing 1941 eine großen Karte der Ostfront. Hier habe er dem Zeitzeugen gegenüber "unter Tränen" die "Fehlentscheidungen Hitlers" beklagt. Im Haus, das Beumelburg gemeinsam mit Major von Winterfeldt (Spitzname "der Uhu") und einer älteren Haushälterin bewohnte, war in den Wochen um den 20.7.1944 Winand Simons zu Gast, dessen Vater mit Beumelburg befreundet gewesen war. Er berichtete in einer schriftlich niedergelegten Lebenserinnerung 1990 von der Stimmung im Hause. Beumelburg - mit Beginn des Krieges von Goering als Hofberichterstatter reklamiert und der Luftwaffe, hier dem Stab Marschall Milchs, zugeordnet, war 1942 mit dem Auftrag, Material für ein Buch zur Eroberung Stalingrads zu sammeln, an den Ort der Belagerung geflogen worden - vor Ort hatte er Gelegenheit, Kampfschauplätze seiner Wahl zu besuchen. Dem Kessel entging er, das Manuskript ließ sich nach der Aufgabe Stalingrads nicht mehr verwerten. Den folgenden militärischen Zusammenbruch notierte man im Hause, in dem bei gut gepflegtem Weinkeller Offiziere ein und aus gingen, und in dem Feindsender gehört wurde, illusionslos. Dem jungen Soldaten empfahl Beumelburg 1944, einen Einsatzort im Westen anzustreben und im Falle der Feindberührung die Gefangennahme zu suchen. Beumelburg selbst blieb in einer Sonderposition der Luftwaffenführung gesichert. Kurz vor Kriegsende avancierte er noch zum Leiter einer Kriegsschule der Luftwaffe. Die in die Tschechoslowakei ausgelagerte Führungsakademie konnte sich vor den heranrückenden Russen nach Bayern absetzen, wo Beumelburg schließlich in amerikanische Kriegsgefangenschaft geriet.

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In der Bonner Republik vom Nachwirken abgeschnitten

Seine erste Unterbringung fand Beumelburg nach dem Krieg in einem Handwerkerhaus in Faistenhaar bei München - eine Zeit, in die auch ein persönlicher "kameradschaftlicher" Austausch mit dem amerikanischen Oberbefehlshaber General Patton fiel. Vorübergehend internierten ihn die amerikanischen Besatzer im umfunktionierten Konzentrationslager Dachau, eine Phase, die ihn nochmals in Kontakt mit der Prominenz des untergegangenen Reichs brachte. Ohne Prozess und weiteres bürokratisches Procedere wurde er aus dieser Internierung wieder nach Faistenhaar entlassen.

In der jungen Bonner Republik lebte Beumelburg ohne größere Öffentlichkeit zu finden in Würzburg. Die fünf Bücher, die er in den fünfziger Jahre veröffentlichte, blieben ohne weitere Resonanz. Hundert Jahre sind wie ein Tag (Oldenburg: Stalling, 1950) boten ein Epos, in das Beumelburg Geschichte der eigenen Familie hineinverwob. Jahre ohne Gnade (1952) widmeten sich eingehender dem Zweiten Weltkrieg. Das Kamel und das Nadelöhr (Hamburg: Dulk, 1957) stiegen in die Französische Revolution hinab. Beumelburg starb unverheiratet und ohne Kinder zu hinterlassen am 9.3.1963 in Würzburg, beigesetzt wurde er in seiner Geburtsstadt Traben-Trarbach.

Unter freundlicher Mitarbeit von Winand Simons, Bad Soden, Rolf Beumelburg, Auckland, New Zealand und Kläre Schlarb, Meisenheim.

 

Veröffentlichungen

Douaumont (Oldenburg: G. Staling, 1923).
— 2. Aufl. (Oldenburg: G. Staling, 1924).
— (Oldenburg: G. Staling, 1925).
— vermarktet auch 1936 mit einem Heft der Spannenden Geschichten im Verlag C. Bertelsmann sowie unter dem Titel Douaumont: ein Heldenkampf um Verdun (Berlin: Apitz, 1943).

Ypern 1914 (Oldenburg: G. Stalling, 1925).

Loretto (Oldenburg: Stalling, 1927).

Flandern 1917 (Oldenburg: Stalling, 1928). — (Oldenburg: Stalling, 1942).

Die Gruppe Bosemüller. Roman, 1.-10. Tsd. (Oldenburg: Stalling, 1929), 332 S.
Die Gruppe Bosemüller. Der große Roman der Frontsoldaten, 66.-75. Tsd. (Oldenburg: Stalling, 1933).

Die stählernen Jahre — (München: Verl. "Der Weltkrieg im Bild", 1929).
— (Oldenburg: Stalling, 1930).

Sperrfeuer um Deutschland 1.-10. Tsd. (Oldenburg: Staling, 1929).
— 261-270. Tsd. (Oldenburg: Stalling, 1938).
— 271-290. Tsd. (Oldenburg: Stalling, 1939).
— Auszug, "Ausgabe für die Jugend" 62.-81. Tsd. (Oldenburg: Stalling, 1943).
— (Oldenburg: Stalling, 1944).

Der Strom 2. Aufl. (Oldenburg: Stalling, 1930).

Der Kuckuck und die zwölf Apostel. Roman (Oldenburg: Stalling, 1931).

Deutschland in Ketten. Von Versailles bis zum Youngplan, 21.-30. Tsd. (Oldenburg i.O.: Stalling, 1931).
— 31.-45. Tsd. (Oldenburg: Stalling, 1934).
— (Berlin, 1942).

Bismarck gründet das Reich, 22.-31. Tsd. (Oldenburg: Stalling, 1932), 458 S., Ill.
— 35.-39. Tsd. (Oldenburg: Stalling, 1937).
— (Oldenburg: Stalling, 1944).

Das jugendliche Reich. Reden und Aufsätze zur Zeitwende (Oldenburg: Stalling, 1933).

Friedrich II. von Hohenstaufen (Oldenburg/ Berlin: Stalling, 1934).

Preußische Novelle (Oldenburg: Stalling, 1935). 31.-36.Tsd. 122 S.
Pflicht und Schicksal. Preußische Novelle, Novellen, Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, 66. Jahrgang, Band 855, Herausgegeben von Georg von Holtzbrinck (Stuttgart: Deutsche Verlags-Expedition, 1942) 125 S.
La passion de Werner Romin ([s.l.]: Éd. Balzac, 1944).

Kaiser und Herzog. Kampf zweier Geschlechter um Deutschland (Oldenburg: Stalling, 1936), 555 S., 1 Ahnentaf.

Die Hengstwiese. Novelle (Oldenburg: Stalling, 1937).
— 51.-60. Tsd. (Oldenburg: Stalling, 1943).

Der König und die Kaiserin (Oldenburg: Stalling, 1938).

Mont Royal. Ein Buch vom himmlischen und vom irdischen Reich (Oldenburg: Stalling), 290 S.
— 21.-25. Tsd. (Oldenburg: Stalling, 1938).

Österreich und das Reich der Deutschen: kurze Geschichte des Großdeutschen Reiches (Berlin: Hillger, [1938]).

Kampf um Spanien (Oldenburg: Stalling, 1939).

Sieg im Osten. So schlugen wir die Russen 1914/17 Unverkäufliche Sonderausgabe (München: Eher, [c.1939]), 63 S.

Von 1914 bis 1939. Sinn und Erfüllung des Weltkrieges (Leipzig: Reclam, 1940).

Geschichten vom Reich (Leipzig: Eichblatt, 1941).

Reich und Rom (Oldenburg: Stalling, 1943).

Hundert Jahre sind wie ein Tag (Oldenburg: Stalling, 1950).
Hundre jar er som en dag ([Oslo]: Lutherstiftelsen, 1958).

Nur Gast auf dunkler Erde (Oldenburg: G. Stalling, 1951).

Jahre ohne Gnade (Oldenburg: G. Stalling, 1952).

Das Kamel und das Nadelöhr. Roman (Hamburg: Dulk, 1957).

... und einer blieb am Leben (Hamburg: Dulk, 1958).

 

Nachlaß

Manuskripte aus den Jahren nach 1945 gab Frau Kläre Schlarb im Namen der Familie an die Rheinische Landesbibliothek, Hohenfelderstr. 16, Koblenz - Material aus der Zeit vor 1945 sei (so die briefliche Auskunft vom 21.7.2004) wegen der Beschlagnahme des Potsdamer Hauses durch die Russische Armee 1945 nicht vorhanden gewesen.

Unveröffentlicht blieb der Roman König Nobels letzte Reise, für den Beumelburg noch 1963 den Erzählerpreis des stern erhielt im stern-Archiv (dort lag er jedenfalls noch 1977).

 

Literatur

Lampel, Gerd Elgo,

Hildesheim, Jürgen/ Michael, Elisabeth, Lexikon nationalsozialistischer Dichter (Würzburg: Königshausen & Neumann, 1993), S. 53-63.

Barbian, Jan-Pieter, Literaturpolitik im "Dritten Reich". Institutionen, Kompetenzen, Betätigungsfelder 2. Aufl. (München: dtv, 1995), S. 75 f., 78, 81 ff., 405, 457.

Ehrke-Rotermund, Heidrun, "'Durch die Erkenntnis des Schrecklichen zu seiner Überwindung'? Werner Beumelburg: Gruppe Bosemüller (1930)", in: Von Richthofen bis Remarque: Deutschsprachige Prosa zum I. Weltkrieg, ed. Schneider, Thomas F./ Wagener, Hans (Amsterdam/ New York: Rodopi, 2003), S. 299-318. [Siehe auch Verlagswerbung]


Ende