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Blunck, Hans Friedrich
Pseudonyme: Detlev B./ Hans Vollmert
3.9.1888 - 24.4.1961

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Viereck Thomas Braun

 

 

Biographie
Nachlaß
Veröffentlichungen
Literatur


Aufn. Dähn, Berlin
Die Mannschaft (Berlin: Limpert, 1938), Bd. 4.

 

 

Biographie

Jurist, Regierungsrat und Schriftsteller - im Dritten Reich unter anderem Präsident der Reichsschrifttumskammer (15. November 1933 - 1. Oktober 1935), Begründer und Präsident bzw. Ehrenpräsident der Stiftung Deutsches Auslandswerk (1936 - 1945).

Geboren als Sohn eines Lehrers in Altona bei Hamburg am 3.9.1888, Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Kiel und Heidelberg mit Abschluß der Promotion. 1910 Referendar, 1915 Assessor. Im Ersten Weltkrieg Ordonanzoffizier. Nach dem Krieg Finanzbeamter. 1920 Regierungsrat in Hamburg, 1925 Syndikus der Universität Hamburg. Lebt ab 1928 als freier Schriftsteller auf seinem Besitz "Mölenhoff" in Grebin/Holstein und in Hamburg. In seinen literarischen Arbeiten stark interessiert an norddeutsch-völkischen Sujets, die ihm früh eine Spannbreite vom Sagen- und Märchendichter bis zum Apologeten rechtsnationaler Politik erlauben. Hein Hoyer kostet diese Spannbreite mit aller historischen Inkonsistenz aus als der Roman eines Landsknecht-Führers, der im Jahre 1400 sich in Hamburg zwischen zerstrittenem Stadtpatriziat, dänischen Hegemonialinteressen und der Bedrohung durch Seeräuber zum politischen Führer mausert - deutlich eine historisierende Allegorie, in der Hoyer zum Vorgänger der aktuellen Freikorpsführer wird mitsamt der Kuriosität, daß ausgerechnet der hamburgische Held dabei Agitator der Reichsidee sein muß. In Streit mit den Göttern (1925) geht es um die historische Auseinandersetzung mit der germanischen Götterwelt, Kampf der Gestirne spielt gar in der Steinzeit. Gewalt über das Feuer (1928) bietet Sagen, Märchen und Gespenstergeschichten. Plattdeutsche Lyrik ergänzt Bluncks Spektrum, in das nicht minder ein Brasilienroman - Die Weibsmühle (1927) - und ein Mittelamerikaroman - Land der Vulkane (1929) - fallen. Reisen nach Südeuropa, Afrika und Amerika.

Seine Arbeiten wie seine Erfahrungen im administrativen Feld prädestinierten Blunck für eine Karriere in der Schrifttumsbürokratie des Dritten Reichs. Am 5.5.1933 befand er sich mit Werner Beumelburg, Peter Dörfler, Paul Ernst, Friedrich Griese, Hans Grimm, Hanns Johst, Erwin Guido Kolbenheyer, Agnes Miegel, Börries von Münchhausen, Wilhelm Schäfer, Emil Strauß und Will Vesper unter denen, die nach der "Säuberung" der Sektion für Dichtung der Preußischen Akademie der Künste von allen jüdischen Mitgliedern die freigewordenen Plätze einnahmen. Bei der in Anwesenheit von Minister Bernhard Rust am 7.6.1933 abgehaltenen Sektionssitzung wurde Johst zum ersten und Blunck zum zweiten Vorsitzenden gewählt - eine Position, die Blunck zur Integration der Dichtersektion in die im Aufbau begriffene Schrifttumsbürokatie nutzen konnte: Von ihm stammte der Antrag, mit dem Revirement den "Beginn der Deutschen Akademie der Dichtung" (so von nun an die Bezeichnung der Sektion für Dichtung) zu definieren, die allerdings ihre angestrebte Bedeutung nie erlangte. Abgesehen von internen Zwistigkeiten geriet die Dichterakademie alsbald zum Spielball der unterschiedlichen Interessen des Preußischen Kultusministeriums, des "Kampfbundes für deutsche Kultur" (in dem Autoren des Verlages Langen-Müller, allen voran Johst, Grimm und Kolbenheyer, eine maßgebliche Rolle spielten) und des Propagandaministeriums. Diesem gelang mit der Etablierung der "Reichsschrifttumskammer" (RSK) im November 1933 ein entscheidender Schritt auf dem Weg der Gleichschaltung und Kontrolle der literarischen Produktion und Verbreitung. Zum ersten (ehrenamtlichen) Präsidenten der neuen Behörde wurde Blunck bestellt. Seinen stellvertretenden Vorsitz in der Akademie gab er im November 1934 auf und engagierte sich fortan mit Vesper und Münchhausen vorrangig in der RSK. Er verlor diese Position jedoch bereits wieder im Oktober 1935, als "Reichskulturwalter" Hans Hinkel in einer Intrige dafür sorgte, daß Hanns Johst vom Präsidenten der Dichterakademie zum Präsidenten der Reichsschrifttumskammer avancierte. Blunck erhielt mit seinen 47 Jahren den Titel eines "Altpräsidenten ehrenhalber" sowie eines Auslandsbeauftragten der RSK. Gegen ihn dürften primär seine Nicht-Mitgliedschaft in der NSDAP sowie seine duldsame Haltung gegenüber jüdischen Autoren gesprochen haben (Blunck hatte wie Grimm dafür plädiert, Juden, die sich etwa durch ihre Teilnahme am Ersten Weltkrieg ausgezeichnet hätten, von Verfolgungen auszunehmen - cf. Barbian 202 ff. und 366 f). Am 1.10.1935 schied Blunck gemeinsam mit dem Geschichtsprofessor Richard Suchenwirth aus dem Leitungsgremium der Kammer aus. Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit konzentrierte Blunck seine Bemühungen in den folgenden Jahren auf die Propagierung der Errungenschaften des Dritten Reiches im Ausland. Den institutionellen Rahmen bildeten die von Blunck gegründete "Stiftung Deutsches Auslandswerk" sowie die "Vereinigung zwischenstaatlicher Verbände und Einrichtungen e.V". In enger Abstimmung mit interessierten Ministerien und Einrichtungen der NSDAP steuerten sie bis zum Ende des Krieges die Tätigkeit der deutschen Auslandsgesellschaften. Zwar zog Blunck sich 1940 als Stiftungspräsident zurück, blieb diesem Arbeitsfeld aber weiterhin verbunden.

Seinen Rang als wohlgelittener Autor konnte Blunck dauerhaft festigen. Romane wie Volkswende (1930) und König Geiserich (1936) fanden die Würdigung der nationalsozialistischen Literaturgeschichtsschreibung. Mit Werken wie Die Urvätersage (1934), Deutsche Heldensagen (1938), Die Jägerin (1940) und die Sage vom Reich (1941) blieb er ein gern gesehener Propagandist des neuen germanischen Reichs.

Zu einer selbstkritischen Aufarbeitung seiner Rolle während des Dritten Reiches konnte Blunck sich nicht verstehen - eingehend hier seine Memoiren Unwegsame Zeiten (1952); er starb am 24.4.1961.

 

Nachlaß

Nachlässe und Handschriftensammlungen der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek, Kiel: Cb 91: Teilnachlaß (Werksmanuskripte, Kritiken), *Cb 92: Teilnachlaß (Briefwechsel, Tagebücher).

Universitätsbibliothek Kiel: Tagebücher, Lebenserinnerungen, literarische Manuskripte - 79 Faszikel in 5 Konvoluten; Verzeichnis.

Weitere Materialien befinden sich in der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg.

 

Veröffentlichungen

Hein Hoyer. Ein Roman von Herren, Hansen und Hagestolzen (Hamburg: Deutsche Hausbücherei, 1920), 221 S.
— (Hamburg: Deutsche Hausbücherei, 1920).

Köst bi Wessels Speeldeel in 3 Optög. Rechtschriwung na de Lübecker Beslöt vun negentainhunnertnegentain (Hamburg : Hanf, 1920), 112 S.

Totentanz. Roman (Braunschweig: Westermann, 1922), 344 S.

Berend Fock. Die Mär vom gottabtrünnigen Schiffer, mit sieben Holzschnitten von Hans Pape. (München, 1923), 311 S.

Kampf der Gestirne (Jena: Diederichs, 1926), 273 S.

Streit mit den Göttern. Die Geschichte Welands des Fliegers (München: Georg Müller, 1926), 282 S.

Vun wilde Keerls in'n Brook. Neue plattdeutsche Märchen (Jena: Diederichs, 1926), 78 S., Ill.

Die Weibsmühle. Ein Roman aus Brasilien (Jena: Diederichs, 1927), 290 S.
— (Jena: Diederichs, 1940), 289 S.

Unruhe [= Unsere deutschen Erzähler, Reihe, Nr. 4, 2] (Berlin: Vaterländische Verl.- und Kunst-Anst., 1928), 134 S.

Gewalt über das Feuer. Eine Sage von Gott und Mensch (Jena: Diederichs, 1928), 225 S.

Land der Vulkane. Eine Geschichte von drüben (Berlin: Wegweiser-Verlag, 1929), 259 S.
— 1.-10. Tsd. der Volksausgabe (Jena: Diederichs, 1941), 235 S.

Volkswende. Ein Roman dieser zwei Jahrzehnte, zugleich Versuch einer Chronik (Bremen: Schünemann, 1930), 548 S.

Der Trost der Wittenfru. Ein Märchenbuch [= Inselbücherei, Nr. 110. (Leipzig: Insel, 1933), 76 S.
— 41.-50. Tsd. (Leipzig: Insel, 1944).

Deutsche Schicksalsgedichte [= Schriften an die Nation, Nr. 57] (Oldenburg i.O.: Stalling, 1933), 61 S.

Deutsche Kulturpolitik. Eine Rede (München: Langen-Müller, 1934), 41 S.

Das Nibelungenlied, mit Bildern aus der Hundeshagenschen Handschrift erzählt und begleitet von Hans Friedrich Blunck (Leipzig: Bibliogr. Inst., 1934), 56 S., Ill.

Fru Holle un de Mönk. Ungelehrte hoch- und plattdeutsche Ballade [= Die kleine Bücherei, Nr. 31. (München: Langen, 1934), 53 S.

Die Urvätersaga, 1.-10. Tsd. (Jena: Diederichs, 1934), 363 S.
— 11.-20. Tsd. (Jena: Diederichs, 1934).

Die große Fahrt. Ein Roman von Seefahrern, Entdeckern, Bauern und Gottesmännern (Hamburg: Deutsche Hausbücherei, 1934), 300 S.

Werdendes Volk. Die Romane der Niederdeutschen Trilogie Stelling Rotkinnsohn, Hein Hoyer, Berend Fock (München: Langen, 1934), 562 S.

Das Deutschlandbuch, hrsg. von Hans Friedrich Blunck. Unter Mitwirkung von Hans Brandenburg (Berlin: Franke, 1935), 307 S.

Gesammelte Werke (Hamburg: Hanseatische Verlagsanstalt, 1936).
— (1937).

König Geiserich. Eine Erzählung von Geiserich und dem Zug der Wandalen (Hamburg: Hanseatische Verlagsanstalt, 1937), 397 S.

Die nordische Welt: Geschichte, Wesen und Bedeutung der nordischen Völker (Berlin: Propyläen-Verlag, 1937), XVIII, 651 S., zahlr. Ill., Kt.

Rechtfertigung vor Freunden (Hamburg: Hanseatische Verlagsanstalt, 1937), 419 S. [Gesammelte Werke - enthält u.a. Die Urvätersaga]

Wolter von Plettenberg. Deutschordensmeister in Livland Einmalige Ausgage [= Deutsche Hausbücherei Hamburg, Nr. 521] (Hamburg: Deutsche Hausbücherei, 1938), 284 S.

Demut vor Gott, Ehre dem Reich, Hochzeit der Künste. Eine Dankesgabe des Europäischen Schrifttums, hrsg. von Ernst A. Dreyer (Berlin: Frundsberg-Verlag, 1938), 297 S., 1 Portr.

Gestühl der Alten [= Insel-Bücherei, Nr. 538] (Leipzig: Insel, 1939), 78 S.

Gedichte [= Die kleine Bücherei, Nr. 112] (München: Langen-Müller), 45 S.
— 11.-20. Tsd. (München: Langen-Müller, 1940).

Die Jägerin. Roman (Hamburg: Hanseatische Verlagsanstalt, 1940), 245 S.
— 150. Tsd. (Hamburg: Hanseatische Verlagsanstalt, 1943).

Sage vom Reich (Hamburg: Hanseatische Verlagsanstalt, 1941), 496 S.

Das Andachtbüchlein [= Deutsche Reihe, Nr. 118 (Jena: Diederichs, 1942), 64 S.

Die Lügenwette: Schelmenspiel in drei Aufzügen (Berlin: Theaterverl. Langen-Müller, 1942), 120 S.

Sommer im Holmenland. Roman (Hamburg: Hanseatische Verlagsanstalt, 1943), 365 S.

Volksbuch der Sage vom Reich (Prag: Noebe, 1944), 348 S.

Die Sardens und der Besessene (Flensburg [u.a.]: Wolff, 1952), 525 S.

Unwegsame Zeiten [= Hans Friedrich Blunck, Lebensbericht, Bd. 2] (Mannheim: Kessler, 1952), 602 S.

Kampf um Neuyork. Die Geschichte des Pfälzers Jakob Leisler, Sonderausg. (Stuttgart u. a. : Europäischer Buchklub, 1953), 545 S., 1 Kt.

Donausagen, hrsg. von Hans F. Blunck (Stuttgart: Carl, 1959), 283 S., Ill.

 

Literatur

Hesse, Otto Ernst, Hans Friedrich Blunck. Ein Beitrag zur nordischen Renaissance (Jena, 1929), 110 S.

Adolf Dreyer, Ernst, Hans Friedrich Blunck. Sicht des Werkes, mit 2 Bildern nach Holzschnitten von Klaus Wrage (Leipzig: Erich Weibezahl, 1934), 187 S.

Demut vor Gott, Ehre dem Reich, Hochzeit der Künste. Eine Dankesgabe des Europäischen Schrifttums an Hans Friedrich Blunck hrsg. von Ernst Adolf Dreyer und Christian Jenssen (Berlin: Frundsberg, 1938), 297 S.

Jenssen, Christian, Hans Friedrich Blunck, Leben und Werk (Hamburg: Hanseatische Verlagsanstalt, 1942), 133 S.

Meerkatz, Albert, Erläuterungen zu Hans Friedrich Blunck Wolter von Plettenberg [= Wilhelm Königs Erlauterungen zu den Klassikern (Leipzig: Beyer, [19..])]

Alnor, Walter, Begegnungen und Gespräche mit Hans Friedrich Blunck ([Hamburg-Altona] : Gesellschaft z. Förderung d. Werkes von Hans Friedrich Blunck e.V., Sitz Plön/Holst, 1963), 76 S., mit Abb. [Zuerst veröff. in: Jahrbuch der Gesellschaft zur Förderung des Werkes von Hans Friedrich Blunck e.V., Sitz Plön/Holst. [Jg.] 1963.

Blunck, Walther, Thomas Mann und Hans Friedrich Blunck: Briefwechsel und Aufzeichnungen (Hamburg: S. Fischer, 1969), 147 S.

Beseelte brüderliche Welt. Gedenkschrift für Hans Friedrich Blunck, 1888-1988, hrsg. von Jürgen Blunck [= Jahrbuch der Gesellschaft zur Förderung des Werkes von Hans Friedrich Blunck, 1988] (Husum: Husum-Druck- und Verlags-Gesellschaft, 1988), 357 S.

Hillesheim, Jürgen, Lexikon Nationalsozialistischer Dichter (Würzburg: Königshausen & Neumann, 1993).

Barbian, Jan-Pieter, Literaturpolitik im "Dritten Reich". Institutionen, Kompetenzen, Betätigungsfelder 2. Aufl. (München: dtv, 1995), S. 10, 53, 72, 75 ff., 79, 107, 109, 165 f., 197, 199, 202 f., 205, 207 f. 210, 288, 366-369, 377, 404, 432 f., 436, 456, 461, 470, 501, 669, 768.

Scholz, Kai-Uwe, Prominente Schriftsteller des Dritten Reichs und ihre 'Zweite Schuld'. Eine vergleichende Untersuchung von Nachkriegspublikationen der Autoren Erwin Guido Kolbenheyer, Hans Friedrich Blunck und Hans Grimm Berlin, FU, Diss., 1993 ([Mikrofiche-Ausg.] 1995), 195 S.

Scholz, Kai-Uwe, "'Ich hätte gern gesehen, dass er, der Nobelpreisträger lautlos im Lande bliebe'. Nochmals zum Thema 'Thomas Mann und Hans Friedrich Blunck'", in: Bohemiens und Biedermänner hrsg. von Rüdiger Schütt. Mit Beitr. von Mathias Mainholz et. al. (Hamburg, 1996), S. 93-116.

Hans Friedrich Blunck. Der Dichter und seine Welt [= Jahrbuch der Gesellschaft zur Förderung des Werkes von Hans Friedrich Blunck. 1998] (Berlin: Gesellschaft zur Förderung des Werkes von Hans Friedrich Blunck e.V., 1998), 207 S., Ill.

Hoerle, William Scott, Hans Friedrich Blunck. Poetry, Politics, and Propaganda, 1888-1961 (Washington, DC, Georgetown Univ., Diss., 2002).

Heyl, Bettina, "Hans Friedrich Blunck, Mitläufer und Romancier", Literaturwissenschaft und Nationalsozialismus hrsg. von Holger Dainat [= Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur, 99] (Tübingen, 2003), S. 167-183.

Hoerle, W. Scott, Hans Friedrich Blunck: Poet and Nazi collaborator, 1888-1961 (Oxford/ Bern/ Berlin [etc.]: P. Lang, 2003), 271 S.


Ende