Karl Heinz Hederich,← PPK,← an RSK,← Abt. Schrifttum — Stellungnahme gegen Verbot astrologischer Literatur
Die Intervention erregt am 29.11.1939 den Einspruch Alfred Rosenbergs, der als vom Führer für die geistige und weltanschauliche Erziehung Eingesetzter dem Leiter der PPK, Bouhler, hier eine Entscheidungkompetenz zugesteht.←
Dokument
Abschriftlich in BAB (Reichskanzlei) R 43 II/ 479a
A b s c h r i f t
Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
ReichsleitungParteiamtliche Prüfungskommission
zum Schutze des N.S.-Schrifttums
Berlin W 35, den 14. Oktober 1939
Friedrich-Wilhelm-Str. 13
Kl.A1/40 — 1c/Wm.- /X.
An das
Reichsministerium für Volksaufklärung
und Propaganda, Abt. Schrifttum
B e r l i n W 8
Wilhelmplatz 8.
Betr.: Verbot der astrologisch-kosmobiologischen Kalender.
Ich habe mir von meinem Sachbearbeiter berichten lassen, dass z.Zt. in Ihrer Abteilung ein neuerliches Verbot der astrologischen Kalender, und zwar diesmal der in Vorbereitung befindlichen Ausgaben für 1940, erwogen wird. Ich stelle dazu fest, dass diese Ausgaben gegenwärtig von meiner Dienststelle überprüft werden und dass in aller Kürze der Vorgang abgeschlossen werden muss.
Ich sehe nicht nur keinen zwingenden Grund, das astrologische Kalenderschrifttum zu verbieten, sondern ich habe gegen ein solches generelles Verbot nicht unerhebliche Bedenken. Bisher habe ich es für vorteilhaft gehalten, die unbestreitbar vorhandene Diskussion astrologischer Probleme nicht durch en generelles Verbot astrologischer Veröffentlichungen ins Unkontrollierbare, Versteckte und Hintergründige abzudrängen, sondern sie daraufhin zu überwachen, dass jeder politische Missbrauch und jede Beziehung auf Nationalsozialisten unterbleibt. So habe ich alle Prophezeiungen, führende Persönlichkeiten, des heutigen politische Lebens betreffend, grundsätzlich verboten, und ich habe auch die politischen Prognosen so eingeschränkt, dass es sich nur um harmlose Dinge handelt, die in ihrer Tendenz auch für astrologische Spekulationen zugängliche Menschen positiv wirken.
Weiterhin habe ich dafür Sorgegetragen, dass Schäden, die unter Umständen auf anderen Gebieten auftreten können, im Einvernehmen mit den zuständigen Stellen beseitigt werden. Ich kann mir nun von einer entgegengesetzten Methode der Behandlung, die plötzlich zum Verbot führt, keinerlei Erfolg versprechen, sondern im Gegenteil, ich glaube, dass dann die Bildung von kleineren Schwätzer- und Phantasievereinen gefördert wird. Man sollte doch wahrlich nicht mit Geschützen gegen Spatzen schießen, sondern unbestreitbar vorhandene Neigungen klugerweise in den Dienst des erstrebten Zieles stellen, das heisst aber, dass man Raum lässt für derartige Dinge, sodass sie sichtbar bleiben und nicht in Schlupfwinkeln ein unkontrollierbares Dasein führen. Es kommt nun weiterhin dazu, dass ein neuerliches und damit ja praktisch grundsätzliches Verbot von den Betreffenden als höchst ungerechtfertigt und wirtschaftlich schädigend empfunden werden muss. Man hätte das Verbot unmittelbar im Anschluss an das Verbot der Ausgabe 1939 erlassen müssen, und nicht erst jetzt. Man hat durch das Hinziehen der Sache den Verlegern Gelegenheit gegeben, ihre Kalender von neuem vorzubereiten, in Angriff zu nehmen, Geld anzulegen usw. Ich bitte, diesen Gesichtspunkt bei Ihrer Stellungnahme zu berücksichtigen.
Wenn, wie mir mitgeteilt wird, besonders auf weltanschauliche Bedenken hingewiesen worden ist, dann kann ich diesem Gesichtspunkt ebenfalls nicht beitreten. Ich würde es für kindlich halten, dass die nationalsozialistische Bewegung durch das astrologische Schrifttum irgendwie weltanschaulich gefährdet werden könnte. Höchstens könnte das der Fall sein, wenn die Stellen der Partei sich mit diesem Problem nicht beschäftigen und kein Augenmerk darauf haben, dass Missbrauch vermieden wird. Da aber eine solche Beobachtung stattfindet, spricht alles gegen ein Verbot, nach meiner Ansicht auch rein politische Erwägungen, wie sie von Staats wegen angestellt werden müssten.
In Anbetracht des Umstandes, dass wir uns seit langem bemühen, die Angelegenheit irgedwie zum Abschluss zu bringen, erbitte ich um eine beschleunigte Stellungnahme.
Heil Hitler!
gez. Hederich
Hauptabteilungsleiter RL.