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Reichsführer der SS, Leitheft Verlagswesen. März 1937
Berlin: Sicherheitshauptamt, 1937

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ViereckTextedition: Matthias Böhne

 

 

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Reichsführer der SS, Leitheft Verlagswesen. März 1937 (Berlin: Sicherheitshauptamt, 1937).
 

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32 Seiten dichtgefügte Geschichte des deutschen Buchmarkts und der Verlagslandschaft in ihrer historischen und ideologischen Entwicklung mit Positionierungen der im neuen Regime einschlägig vorbelasteten Verlage.

 

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BA Berlin: R 58/ 1107. Heft A4, 35 Seiten, Numeriertes Exemplar hier wiedergegeben: Nr. 5.

 

 

 

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A. VERLAGSWESEN ALLGEMEIN.

 

 

B. VERLAGSRECHT.

 

 

  1. Das Verlagsrecht vor 1933.
  2. Jeder Darstellung des Verlagsrechtes ist der Satz "Ohne Urheberrecht kein Verlagsrecht" voranzustellen. Als "Urheberrecht" bezeichnet man das Recht eines Autors, über sein geistiges Erzeugnis zu verfügen und andere von der Verfügung auszuschliessen. Das "Verlagsrecht", das die Rechtsgrundlage für das Verhältnis zwischen Verleger und Autor bildet, wäre ohne das Urheberrecht gegenstandslos. Seine Aufgabe ist es, einerseits die wirtschaftlichen Rechte des Autors zu garantieren, andererseits den Verleger vor Übergriffen Dritter zu schützen.

    Ein gesetzliches Verlagsrecht besteht in Deutschland erst seit verhältnismässig kurzer Zeit. Im 16.-18. Jahrhundert waren die Verleger lediglich durch die Verlegerprivilegien geschützt, die von allen deutschen Landesherren, meist gegen Entgelt, verliehen wurden und nur für das betreffende Territorium galten. Um wirksam geschützt zu sein, musste daher ein Verleger in sämtlichen Ländern und Ländchen Privilegien besitzen, die nur mit hohen Kosten erworben werden konnten. Um sich diese Auslagen zu ersparen, wurde die sogenannte "Nachdruckerei" üblich, die zu einer schweren Schädigung des anständigen, privilegierten Verlegers führen musste. Verschiedene Autoren machten sich diesen Zustand ebenfalls zunutze, indem sie ihre Werke mehrfach an verschiedene Verlage verkauften. Als Selbstschutzmassnahme der Buchhändler wurde 1765 die "Buchhandelsgesellschaft in Deutschland" gegrün-|<7>det, deren oberstes Gesetz der Kampf gegen die Nachdrucker war. Der erste Erfolg dieser Organisation war die 1773 gefasste Entschliessung, die Nachdrucke von dem bereits damals führenden Leipziger Platz zu verbannen. Ein von den Nachdruckern 1775 als Gegenmassnahme gegründeter "Hanauer Bücherumschlag" konnte sich nur kurze Zeit halten.

    Anfänge einer gesetzlichen Regelung fanden sich bereits in einigen Landrechten (z.B. Allgemeines preuss. Landrecht, sächsisches bürgerliches Gesetzbuch, badisches Landrecht u.a.). Eine für das ganze Reichsgebiet geltende Regelung wurde zunächst durch die "Verlagsordnung" des Börsenvereins der deutschen Buchhändler vom 30.4.1893 getroffen, der schliesslich das reichsrechtliche Verlagsgesetz vom 19.6.1901 folgte.

    Um eine kurze Übersicht über das heute noch teilweise in Kraft befindliche Verlagsgesetz vom 19.01.1901 zu geben, sei der Inhalt auszugsweise angeführt:

    Das Gesetz regelt die rechtlichen Beziehungen, die sich aus dem Abschluss eines Verlagsvertrages ergeben. Durch den Verlagsvertrag verpflichtet sich der Verfasser zur Überlasssung des Werkes an den Verleger, der seinerseits zur Vervielfältigung und Verbreitung für eigne Rechnung verpflichtet ist. Für die Überlassung des Werkes hat der Verfasser Anspruch auf Vergütung, die als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die Überlasssung den Umständen entsprechend nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Der Verfasser verliert mit der Überlassung des Werkes für die Dauer des Verlagsvertrages das Recht, dieses selbst zu vervielfältigen oder sonstwie zu verwerten, ausgenommen hiervon sind Aufnahmen in evt. Gesamtausgaben, Beiträge zu Sammelwerken usw. Änderungen kann der Verfasser jederzeit vornehmen. Der Verleger darf jedoch ein Einzelwerk nicht für eine Gesamtausgabe oder Teile eines solchen nicht für eine Sonderausgabe verwerten, es sei denn, dass er vertraglich dazu berechtigt ist. Rechte Dritter|<8> dürfen jedoch in einem solchen Falle nicht verletzt werden. Der Verleger hat dem Verfasser für je 100 Exemplare 1 Freiexemplar zu liefern, mindestens jedoch 5, höchstens 15. Die Rechte eines Verlegers sind grundsätzlich übertragbar. In der Regel endet das Vertragsverhältnis erst, wenn das Recht des Verlegers erschöpft ist. Es kann aber auch früher beendet werden, wenn in gesetzlich zulässiger Weise eine der Parteien vom Vertrage zurücktritt oder den Vertrag kündigt. Weitere Gründe zur Beendigung des Vertragsverhältnisses sind Untergang des Werkes, Tod des Verfassers, Konkurs des Verlegers. Eine Sonderregelung besteht für Beiträge an periodischen Sammelwerken und bei Arbeiten, die nach vorgeschriebenem Plane entstehen sollen.

    Das Verlagsgesetz vom 1901 wird den Anforderungen des Verlagsbuchhandels nur in beschränktem Masse gerecht; bereits während des Weltkrieges und in der Nachkriegszeit wurden noch Stimmen laut, die eine Änderung erstrebten.

    Die Durchführung blieb jedoch dem Nationalsozialismus vorbehalten. Mit dem Reichskulturkammergesetz wurden die notwendigen Grundlagen geschaffen, und die letzten grundsätzlichen Bestimmungen dürften in nächster Zeit zu erwarten sein.|<7>

     

  3. Das Verlagsrecht nach 1933.

     

    1. Das Reichskulturkammergesetz.
    2. Die Rechtslage im deutschen Verlagswesen war, wie bereits ausgeführt, zur Zeit der Machtübernahme durch den Nationalsozialismus reichlich ungeklärt. Das Verlagsgesetz vom 19.6.1901 legte nur die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Autor und Verleger fest, ohne den kulturellen oder politischen Anforderungen oder Verpflichtungen im geringsten gerecht zu werden.

      Die Grundlage für eine nationalsozialistische Verlagspolitik schufen das Reichskulturkammer-Gesetz vom 22.9.1933 und die verschiedenen Durchführungsverordnungen im Laufe der folgenden Jahre. Die Frage der politischen Zuverlässigkeit der Kulturschaffenden wurde mit diesem Gesetz in den Vordergrund gestellt. Überdies wurde die organisatorische Erfassung jedes Einzelnen vom Staate her geregelt. Die Verlage wurden als Kulturschaffende der Reichskulturkammer unterstellt und sind nur in Hinsicht auf die Marktregelung den Handels- und Handwerkskammern eingegliedert.

      Die Rechte der Kulturschaffenden sind mit dieser Gesetzgebung geschützt, gleichzeitig aber wird ihnen ausdrücklich ihre Verantwortung dem Volksganzen gegenüber als Pflicht auferlegt.

      Dem Präsidenten der Reichskulturkammer und den Präsidenten der Einzelkammern wurde die Befugnis erteilt, im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftminister, Eingriffe in wirtschaftliche Unternehmen ihres Zuständigkeitsbereiches vorzunehmen. Politisch unzuverlässige Verleger können aus der Kammer ausgeschlossen werden, wodurch ihre weitere verlegerische Tätigkeit unterbunden ist.

    3. Die Anordnungen der Reichsschrifttumskammer.
    4. Das Verlagswesen im allgemeinen und das Verlagsrecht im besonderen, wurde durch die hierfür zuständige|<10> Reichsschrifttumskammer grundsätzlich geregelt.

      Kurz zusammengefasst ergibt sich für das deutsche Verlagswesen folgendes Bild:

      1. Verleger und Kammer.
      2. Der Verleger ist verpflichtet, sich davon zu überzeugen, dass alle Personen und Unternehmungen mit denen er geschäftlich verkehrt, ihren Verpflichtungen gegenüber der Reichskulturkammer nachgekommen sind. Im besonderen gilt das für die im bzw. vom Verlag beschäftigten Personen. Um dies zu erleichtern, sind sämtliche Mitglieder der Reichskulturkammer verpflichtet, auf ihren geschäftlichen Briefsachen die Mitgliedsnummer anzugeben.

        Die Verleger sind verpflichtet, der Reichskulturkammer wahrheitsgemässe Auskünfte über die Persönlichkeiten von Autoren und Übersetzern der seit dem 15.11.1933 erschienen oder noch erscheinenden Büchern zu geben. Besonders betrifft dies die bürgerlichen Namen von Autoren bei Verwendung von Decknamen (Pseudonymen).

      3. Der Normalvertrag.

      4. Die Reichsschrifttumskammer richtet bei ihrer Gesetzgebung ihr Hauptaugenmerk auf die Regelung des Verkehrs zwischen Verfasser und Verleger. Zu diesem Zwecke wurde der "Normalvertrag zwischen Verfassern schöngeistiger Werke und Verlegern", geschaffen.

        Die allgemeinen und vorvertraglichen Pflichten hierzu bestimmen, dass als oberster Grundsatz im geschäftlichen Verkehr der Parteien die Wahrung der Berufsehre zu gelten hat.

        Der Verfasser ist verpflichtet, das Manuskript in tadellosem Zustande mit den nötigen personellen Angaben abzuliefern, andererseits darf der Verleger kein Werk länger als 4 Wochen zur Prüfung behalten. Die vom Präsidenten der Reichsschrifttumskammer erlassenen Musterbestimmungen dürfen, in beiderseitigem Einverständnis, nur soweit abgeändert werden, als sie deren Geist nicht widersprechen. Die Vergü-|<11>tung des Verfassers soll möglichst nach dem Umsatz geregelt werden und nicht unter 12,5 % betragen. Bei geringen Auflagen kann Sonderregelung getroffen werden. Zu Umsatzgarantien, Druckkostenzuschüssen usw. darf ein Verfasser nur mit Genehmigung der Reichsschrifttumskammer herangezogen werden. Der Verlag kann den Verfasser verpflichten, die nächsten Werke (bis zum 5. Werk, oder die in den 3 folgenden Jahren verfassten) zuerst ihm anzubieten (Optionsrecht). Als Gegenleistung muss er dafür die Einführung des Erstlingswerkes des Verfassers, die Vorauszahlung auf künftige Werke oder den Erwerb des Vorkaufsrechtes gegen eine gesondert festzusetzende Summe übernehmen.

        Im Verlagsvertrag kann vereinbart werden, dass bei Streitigkeiten unter Ausschluss des Rechtsweges das Schiedsgericht des deutschen Schrifttums entscheidet.

      5. Das Schiedsgericht des deutschen Schrifttums.
      6. Das Schiedsgericht des deutschen Schrifttums ist zuständig bei zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Verfassern und Verlegern oder bei Streitigkeiten unter Verlegern bzw. Verfassern. Ist im Verlagsvertrag die Zuständigkeit des Schiedsgerichtes festgelegt, so ist dies auch dann zuständig, wenn eine der Parteien vom Verlagsvertrag zurücktritt oder dieser auf sonstige Weise ungültig wird. Dem Gericht müssen neben dem Obmann je ein Berufgenosse des Beklagten und des Klägers als Beisitzer angehören. Die Grundsätze von Treu und Glauben sind unter besonderer Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse beider Parteien vom Gericht besonders zu beachten. Das Urteil wird vom Obmann unter Zugrundelegung der geltenden Gesetze und Anordnungen der Reichsschrifttumskammer gesprochen.

      7. Besondere Verlagsgeschäfte.
      8. Der Verlagsvertrag zwischen Verlegern und Verfassern wissenschaftlicher, fachlicher und ähnlicher Bücher wird, durch die Eigenart der Bücher bestimmt, abweichend vom|<12> Normalvertrag von Fall zu Fall gesondert behandelt. Die buchhändlerischen Gebräuche sind dabei zu beachten.

        Hat ein Verleger die Absicht, ein Werk durch den Reisebuchhandel vertreiben zu lassen, so hat er dies der Reichsschrifttumskammer mitzuteilen. Werden Vertreter beschäftigt, so trägt der Verlag die Verantwortung, dass sich deren Arbeitsmethoden mit den Bestimmungen der Reichsschrifttumskammer decken.

        Verleger von Unterhaltungsliteratur können verpflichtet werden, jede Neuerscheinung auf diesem Gebiet vor Drucklegung der zu diesem Zwecke geschaffenen Beratungsstelle der "Arbeitsgemeinschaft der Verlage für Volksliteratur", Leipzig C 1, Gerichtsweg 26, zur Beurteilung vorzulegen.

        Der Erwerb auländischer Verlagsrechte, sowie Abschlüsse sonstiger Auslandsverträge sind vorher der Reichsschrifttumskammer mitzuteilen. Die betreffenden Verträge selbst sind vorzulegen.

        Um einer Unsitte entgegen zu steuern, wurde verfügt, dass Freiexemplare an parteiamtliche, staatliche und private Stellen nur mit Genehmigung der Reichsschrifttumskammer abgegeben werden dürfen. Dagegen wurde die Ablieferung sämtlicher Neuerscheinungen an die "Deutsche Bücherei" in Leipzig zur Pflicht gemacht. Dadurch wird das gesamte deutsche Schrifttum laufen zentral erfasst, während vorher die Verpflichtung nur für Mitglieder des Börsenvereins bestand.

      9. Die Ehrenordnung für den deutschen Buchhandel.
      10. Da die gesamte Kulturgesetzgebung als oberstes Leitprinzip den Ehrbegriff hat, sind sämtliche deutschen Buchhändler der Ehrenordnung für den deutschen Buchhandel unterstellt. Nach dieser Ehrenordnung werden Ehrenräte (Reichs- und Gauehrenräte) gebildet, die auf Anordnung des Präsidenten der Reichsschrifttumskammer oder des Leiters der Gruppe Buchhandel|<13> in der Reichsschrifttumskammer tätig werden. Die Mitglieder des Ehrenrates und deren Stellvertreter ernennt der Leiter der Grupppe Buchhandel in der Reichschrifttumskammer. Das Verfahren vor dem Ehrenrat endet mit einem Vorschlag an den Präsidenten der Reichsschrifttumskammer, der die Entscheidung trifft. In zivilrechtlichen Streitigkeiten, insbesondere bei Verletzung der buchhändlerischen Verkaufs- und Verkehrsordnung, sind die Ehrengerichte nicht zuständig. Läuft wegen derselben Angelegenheit ein Verfahren vor dem Strafgericht oder dem "Sozialen Ehrengericht" aufgrund des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit, und ist eine Bestrafung dort erfolgt, so findet eine Verfahren vor dem Ehrenrat nur dann statt, wenn die Zuverlässigkeit und Eignung des Beschuldigten in Frage gestellt ist. Ein Buchhändler, der die Berufs- und Standesehre verletzt, kann mit einer Verwarnung, einem öffentlichen Verweis, einer Ordnungsstrafe bis 5 000 RM. oder mit dem Ausschluss aus der Reichsschrifttumskammer bestraft werden. Die Kosten des Verfahrens hat der Verurteilte zu tragen.

      11. Beratungsstelle für astrologisches Schrifttum.
      12. Durch Anordnung des Präsidenten der Reichsschrifttumskammer wurde eine Beratungsstelle der Verleger für astrologisches und verwandtes Schrifttum geschaffen, der die Verleger astrologischen, graphologischen, chirologischen sowie okkulten Schrifttums, auf Ersuchen ihre bereits erschienene oder noch erscheinende Produktion vorzulegen haben. Diese Beratungsstelle befindet sich in den Räumen der Reichsschrifttumskammer, Berlin W 8, Friedrichstrasse 194/99.

      13. Reichsschrifttumskammer und Reichspressekammer.
      14. Diejenigen Verleger, die gleichzeitig Bücher, Zeitschriften und Zeitungen verlegen, müssen der betreffenden Kammer angehören, die für sie nach Massgabe des grösseren Teiles des wertmässigen Umsatzes zuständig ist. Zeitungs- bzw. Zeitschrif-|<14>tenverlage müssen den Vertrieb von Büchern jedoch der Reichsschrifttumskammer melden.

        Im Bereich der Reichsschrifttumskammer wurden Anordnungen, ähnlich denen der Reichspressekammer zur Wahrung der Unabhängigkeit des Zeitungs- und Zeitschriftenverlagswesens nicht erlassen. Dadurch, dass Zeitungen und Zeitschriften oft in Buchverlagen erscheinen, erfährt in letzter Zeit jedoch auch das Buchverlagswesen eine wirtschaftliche Umstellung. Ähnliche Umstellungen gehen aufgrund des Gesetzes vom 5.7.1943, betr. die Umwandlung von Kapitalgesellschaften, vor sich. Die endgültige Säuberung des Verlagswesens von anonymen Kapitalgruppen dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein.

     

  4. Die Lage im internationalen Verkehr.
  5. Noch unklarer als innerhalb der Reichsgrenzen war die Lage des Urheber- und Verlagsrechtes im internationalen Verkehr. Hier wurde 1886 durch die "Berner Übereinkunft" die Lage geklärt. Grundsatz der Übereinkunft war, dass die Urheber von Schriftwerken, soweit sie einem Verbandslande angehören, in allen Verbandsländern internationalen Urheberschutz geniessen. Zur Ordnung der Angelegenheiten, die sich aus der Berner Übereinkunft ergeben, und zur Auskunfterteilung in allen Fragen des Urheberrechtes, wird in Bern ein internationales Büro unterhalten, das auch eine eigne Verbandszeitschrift herausgibt.

    1896 riefen die französischen Verleger ständige Zusammenkünfte der Verleger aller Kulturländer ins Leben (Internationaler Verlegerkongress), um die Belange der Verleger im Sinne der "Berner Übereinkunft" zu fördern. Seit 1910 unterhält der Kongress in Bern ein ständiges Büro.

    Während des Weltkrieges wurden alle internationalen Übereinkünfte hinfällig. Es bestand die Gefahr, dass auch in verlags- und urheberrechtlicher Beziehung die Verleger freie Hand bekamen. Der Börsenverein des deutschen Buchhandels erliess daraufhin als ständische Vertretung des Deutschen Buchhandels 1916 die Verfügung, dass sämtliche Mitglieder des Börsenvereins das internationale Urheber-|<15>recht weiterhin zu achten hätten.

    Im Laufe der Jahre haben sich fast sämtliche Kulturländer der "Berner Übereinkunft" angeschlossen. Sowjetrussland hat sich bis heute noch nicht zum Beitritt entschlossen. Die Folge ist, dass die ausserhalb Russlands erscheinenden Werke ohne weiteres nachgedruckt werden. Wie weit der Diebstahl geistigen durch Russland geht, zeigt eine statistische Aufstellung aus dem Jahre 1934; es wurden in Russland 348 deutsche Bücher nachgedruckt und in einer Auflage von 3 166 000 Stück verbreitet. Auch andere Länder wurden von diesen Nachdrucken betroffen. Vor allem bevorzugt sind Nachschlagewerke, sowie technische und wissenschaftliche Literatur.

 

C. DIE POLITISCHE BEDEUTUNG DER VERLAGE.

 

  1. Die bewusst weltanschaulich und politisch geleiteten Verlage.
  2. In gleichem Masse wie die Struktur eines Verlages nach einer festen zielbewussten Führung verlangt, spiegelt sich im äusseren Eindruck eines Verlages meist die innere politische oder weltanschauliche Einstellung des Verlegers bzw. der den Verlag leitenden oder beeinflussenden Personen wider. Die Breitenwirkung allen Schrifttums wird letztlich durch die Verlage bestimmt. Von den Verlagen und der Art der Erfüllung ihrer verlegerischen Pflichten hängt es nicht zuletzt ab, welche Autoren und in welche Umfange sie zur Wirkung kommen. Der Verlag trägt ein Grossteil der Verantwortung dafür, wieweit zwischen den schöpferischen kulturellen Kräften und Trägern im Volk und den weitesten Schichten des Volkes eine Einheit des Denkens, Fühlens und Wollens hergestellt wird. Von ihm hängt es mit ab, welche Ideen und|<16> Gefühle die Massen der Nation beseelen. Vielleicht wären Hegel und Schopenhauer nie gedruckt worden, hätten sich nicht Ducker & Humblot bzw. F.A. Brockhaus für sie eingesetzt. Fichte und Schleiermacher haben ebenfalls ihre breite Wirkung nicht zuletzt ihrem Verleger Reimer (in Walter de Gruyter aufgegangen) zu verdanken.

    Um einen Verlag bilden sich vielfach Gruppen und Kreise, die sich zum grossen Teil aus den Autoren zusammensetzen. Diese Verlagsgruppen und -kreise vertreten bestimmte Weltanschauungen, Theorien oder politische Meinungen. Die engen Beziehungen zu den Verlagen haben z.B. den literarischen Salons den 19. Jahrhunderts erst ihre Bedeutung gegeben.

    Mit der Grösse der Verantwortung eine Verlages hielt allerdings die charakterliche Haltung der Verleger oft nicht Schritt. Volks- und rassefremde Elemente und verantwortungslose Cliquen benutzten den Verlag zur Erreichung ihrer egoistischen Ziele.

     

  3. Verlage mit vornehmlich fachlicher Ausrichtung oder rein wirtschaftlichen Interessen.
  4. Die liberalistische Wirtschaftsauffassung des 19. Jahrhunderts führte auch im Verlagswesen zu Neuorientierungen. Der Verleger hatte oft nur den wirtschaftlichen Erfolg seiner Arbeit vor Augen und kam immer mehr von seiner eigentlichen Aufgabe, Kulturträger und -bringer zu sein, ab. Als diese wirtschaftliche Spekulation eine überschnelle Entwicklung des Verlagswesens zur Folge hatte, zeigte es sich, dass ein Grossteil der Verlage nicht lebensfähig war. Die Rückentwicklung ist auch bereits seit längerer Zeit im Gange und äussert sich vor allem in der Tendenz zur "Konzentration": grössere bzw. kapitalkräftige Verlage übernahmen kleinere, allein nicht lebensfähige Verlage und schufen so im Laufe der Jahre Grossverlage, die oft nur dem eingeweihten Fachmann als solche kenntlich sind.|<17>

    Unter solchen Umständen entstand z.B. in Leipzig der Verlag Lange & Meuche. Dieses Unternehmen vereinigt in sich ca. 30 verschiedene Verlage, die alle dem aussenstehenden als selbstständig erscheinen und doch zentral geleitet werden. Vom übelsten Schund- und seichten Unterbuchverlag (Wiegandsche Verlagsbuchhandlung, Ewald & Co. u.a.) über den Jugendschriftenverlag (Schmidt & Spring, Verlag von Auerbachs Deutschem Kinderkalender) bis zum rein nationalsozialistischen Verlag (Ferd. Schroll & Co.) sind sämtliche Verlagstypen vertreten. Von solch unübersichtlichen Riesenbetrieben kann niemals verantwortungsbewusste Kulturarbeit geleistet werden, zumal sie Verlagswerke nur dann annehmen, wenn sicherer Gewinn in Aussicht steht. Es ist überflüssig festzustellen, dass derartige Riesenbetriebe aus dem Rahmen der deutschen Kulturpolitik herausfallen. Wie verantwortungslos hier auch in personeller Hinsicht gearbeitet wird, zeigt der Fall des Verlags Ferd. Schroll & Co. Dieser Verlag produziert rein nationalsozialistisches Schrifttum, der Leiter dieses Verlages ist jedoch ein überdies als reaktionär bekannter Tscheche.

    Ähnlich war die Entwicklung des Köhler & Volckmar-Konzerns. Im Mittelpunkt dieses Konzerns steht die Köhler & Volckmar A.-G. & Co., die sich die Aufgabe gestellt hat, buchhändlerische und ähnliche Betriebe zu übernehmen. Neben den grossen Kommissionsbuchhandlungen Volckmar, Leipzig; Cnobloch, Leipzig; Koch, Neff, Oettinger & Co., Stuttgart u.a. (ca. 90 % des deutschen Kommissionsbuchhandels befinden sich in den Händen von Köhler & Volckmar), verfügt der Konzern noch über eine ganze Reihe von Grossverlagen ([unleserlich].F. Köhler, Köhler & Amelang, L. Staackmann sämtlich Leipzig, u.a.) sowie über die Grossdruckerei Haag-Drugulin in Leipzig.

    Ähnliche Konzentrationen, wenn auch nicht so umfangreich, sind die Ernst Steiniger Druck- und Verlagsanstalt, Berlin; Paul List Verlag, Leipzig usw.

    Während in den angeführten Fällen zielbewusste Arbeit einzelner Verlage zu den Konzentrationen führte,|<18> entstanden solche Verlagskonzentrationen auch infolge rein wirtschaftlicher Interessen einzelner Unternehmer. Um den graphischen Grossbetrieb Oskar Brandstätter in Leipzig bildete sich eine Konzentration von Verlagen, die Oskar Brandstätter übernommen hatte, um seiner Druckerei die Aufträge der vor dem Zusammenbruch stehenden Verlage zu erhalten. U.a. gehören zu diesem Konzern der theologisch-philosophische Verlag des katholisch getauften Juden Jakob Hegner, die Tauchnitz-Edition und der juristische Verlag W. Moeser. Wie wenig politische Ausrichtung in solchen Betrieben vorhanden ist, beweist die Tatsache, dass Brandstetter noch im Jahre 1933 mit den rein jüdischen Firmen Enoch, Hamburg und Albatross, Hamburg enge geschäftliche Verbindungen einging, die erst im Zuge der von der Reichsschrifttumskammer durchgeführten Entjudungsaktion zwangsweise gelöst wurden. Auch der Jude Hegner wurde erst 1936 auf Druck verschiedener Stellen entlassen. Durch die Übernahme der bis dahin politisch schwerbelasteten Verlags-Auslieferungs-Gesellschaft befinden sich auch innerhalb des Brandstetter-Konzernes sämtliche Zweige der Buchherstellung - vom Verlag bis zum Kommissionär - in einer Hand.

    Wie die wirtschaftliche Lage solcher Grossbetriebe dazu ausgenutzt werden kann, rein politische Forderungen durchzusetzen, zeigt ein Beispiel des Brandstetter-Konzernes: Gegen den stark belasteten Bärenreiter-Verlag in Kassel sollte von Seiten der Gauleitung Kurhessen eingegriffen werden. Brandstetter schrieb darauf nach entsprechenden Hinweisen des Bärenreiter-Verlages an den Gauleiter, dass er zu Entlassungen schreiten müsse, wenn gegen den Bärenreiter-Verlag eingeschritten würde, da dieser der Hauptkunde seiner Notendruckerei sei. Um die schlechte Lage innerhalb des Notendruckereigewerbes nicht noch zu verstärken, musste ein Einschreiten unterbleiben.

    Die Entwicklung der Verlags-Konzerne beschränkte sich nicht nur auf das Gebiet des Buchverlages, sondern|<19> griff auch auf den Zeitungs-Verlag über. Hier entstanden Unternehmen wie Mosse, Ullstein, Scherl, Germania (sämtlich Berlin) usw., die nun sämtliche Gebiete der Publizistik in sich vereinigten. Die Auswirkungen dieser Entwicklung sind noch in Erinnerung.

    Auch die meisten Buch-Grossverlage müssen als rein wirtschaftlich ausgerichtet bezeichnet werden (Rowohlt, Berlin; Zsolnay, Wien-Berlin; Goldmann, Leipzig usw.). Um wirtschaftliche Vorteile zu erlangen, wurde von diesen Verlagen an niedrigste Instinkte der Leserschaft appelliert und das Bedürfnis nach Zerstreuung und Ausspannung in unverantwortlicher Weise ausgenutzt. Die Verbreitung der Erzeugnisse von H. H. Ewers, Pittigrilli, Courths-Maler usw. sind vor allem auf diese Tatsachen zurückzuführen.

    Neben den rein wirtschaftlich orientierten Verlagen entstanden mit dem Anwachsen der Fach- und Wissenschaftsrichtungen und der technischen Spezialisierung unseres wirtschaftlichen Lebens die rein fachlich ausgerichteten Verlage. Wie auf den anderen Gebieten, so gelang es auch hier geschickten Verlegern, das Monopol für die Fachliteratur ganzer Sachgebiete zu erlangen. So hat z.B. der Verlag Julius Springer, Berlin das Gebiet der technologischen, naturwissenschaftlichen und mathematischen Literatur in seine Hand gebracht. Der Verlag B. G. Teubner in Leipzig beherrscht die Produktion von Schulbüchern, Moriz Diesterweg in Frankfurt a/M. die erziehungswissenschaftliche Literatur. Dem Verlag für Sozialpolitik, Wirtschaft und Statistik, Berlin gelang es, die Veröffentlichungen des statistischen Reichsamtes zu erhalten. Der Stahlverein schuf sich in Düsseldorf selbst einen Riesenverlag, den Verlag Stahleisen.

    Die Entwicklung hat gezeigt, dass auch diesem Gebiet eine hohe politische Verantwortung zukommt. Die Aufgabe des Fachbuches ist es, das technische Können zu fördern und das Interesse der betr. Kreise auf die Sachgebiete zu lenken, die des Ausbaues bedürfen. Der Fachbuchverlag hat vor allem die Möglichkeit, an der Schulung der nach-|<20>wachsenden Generation in den einzelnen Fachgebieten mitzuwirken. Die fachliche Ausbildung und Ausrichtung aller Berufstätigen ist in hohem Masse von der Leistungsfähigkeit der Verlage abhängig. In der Nachkriegszeit war das Interesse an der Fachliteratur gering. Von Seiten der Verlage wurde die Bedeutung des Fachbuches nicht gewürdigt.

    Um diesem Übel abzuhelfen, haben ständische und wirtschaftliche Organisationen vielfach eigene Verlage aufgemacht (DAF-Verlage, Landesbauernschaftsverlage usw.).

    Das Jahr 1937 wird im Zeichen der Werbung für das deutsche Fachbuch stehen, dem gerade im Rahmen des Vierjahresplanes eine erhöhte Bedeutung zukommt. Ob die Verlage dieser Aufgabe gewachsen sein werden, wird die Zukunft zeigen müssen.

 

D. DIE ENTWICKLUNG DES VERLAGSWESENS.

 

  1. Die Entwicklung vor 1933.
  2.  

    1. 1. Bis zum Jahre 1914.
    2. Die Erfindung der Buchdruckerkunst war die Grundlage für die Entstehung des Verlagswesens in seiner heutigen Bedeutung. Als sich die Auswirkungen dieser Entwicklung bereits nach kurzer Zeit zeigten, wurde von verschiedenen geistlichen und weltlichen Stellen die Wirkung des gedruckten Wortes überwacht. So wurde in dem damaligen Hauptbuchhandelsort Frankfurt a.M. eine "Kaiserliche Bücherkommission" eingesetzt. Dies war eine von Wien eingesetzte, in katholischem Sinne arbeitende Zensurbehörde, die sich mit den damals sehr stark in Erscheinung tretenden "Famosschriften" (Streitschriften der Religionsparteien) zu befassen hatte. Die Kommission, die überdies völlig parteiisch arbeitete, beschränkte|<21> sich jedoch nicht auf ihren eigentlichen Aufgabenkreis, sondern nahm sich auch das Recht zur Kontrolle des Frankfurter Messkataloges und die Befugnis zur Visitation der Buchläden zu den verschiedensten Zwecken. Die Buchhändler zogen sich daraufhin von Frankfurt a.M. zurück und wandten sich nach Leipzig, das infolge der dort durchgedrungenen Reformation günstigere Bedingungen bot. In dieser Zeit begann der Aufstieg Leipzigs.

      Eine weitere Periode der Knebelung musste das Verlagswesen im Zeitalter Metternichs durchmachen. Als einer der Hauptträger der öffentlichen Meinungsbildung wurde es einer sehr scharfen Zensur unterworfen, die erst 1874 endgültig aufgehoben wurde.

      Auf die rein zahlenmässige Entwicklung wirkten naturgemäss die politischen Erscheinungen entscheidend ein. Die Zahl der Neuerscheinungen, die 1618 bereits 1754 Stück betrugen, sank infolge des dreissigjährigen Krieges 1635 auf 307. Der Frieden brachte dann wieder ein langsames Ansteigen, aber erst 1770 war mit 1676 Neuerscheinungen der alte Stand beinahe wieder erreicht. Die weitere Entwicklung, die durch die fortschreitende Technik günstig befruchtet wurde, spiegelt sich in der Gesamtproduktion des Schrifttums wider. Nach Neuerscheinungen geordnet, hat dies folgendes Aussehen:

      1780 = 2 400 Neuerscheinungen
      1800 = 3 900 "
      1830 = 7 100 "
      1850 = 9 000 "
      1870 = 10000 "
      1880 = 15000 "
      1900 = 24000 "
      1913 = 35000 "

      Die Zahl der Verlage stieg von 324 im Jahre 1801 auf 3180 im Jahre 1932.

      Im gleichen Verhältnis wie die Bildungsmöglichkeiten hatten sich inzwischen die Gegensätze der einzelnen|<22> Richtungen entwickelt. Die reinen Bildungsbewegungen stiessen sich an der Tatsache, dass die Einheitlichkeit der Weltanschauung zerstört war und man immer nur die Bildung anerkennen wollte, die sich mit den eigenen Programmpunkten deckte. Ein geistiger Spaltungsprozess ohnegleichen war eingetreten. Vor allem politische und kirchliche Parteien wollten Bildungsmittler sein. Sie waren rastlos tätig gewesen und hatten sich buchhändlerische Einrichtungen geschaffen oder sich angegliedert.

      Die feste Durchdringung breitester Volksschichten mit katholischem Gedankengut z.B. hat seine Ursache in dem systematischen Aufbau eines katholischen Verlagswesens. Die Anfänge hierzu gehen bis ins 16. Jahrhundert zurück (Urgründung von Kösel & Pustet). 1726 wurde die ebenfalls heute noch sehr aktive Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung gegründet. Im 19. Jahrhundert wurde die sichere Grundlage geschaffen: 1909 Gründung von Herder in Freiburg, 1826 Fusionierung von Kösel & Pustet, 1834 Gründung von Laumann in Dülmen usw.

      Als Gegenstück entstanden grosse evangelische Verlage, z.B. 1826 der noch heute führende Verlag von Bertelsmann in Gütersloh, später Vandenhoeck & Rupprecht in Göttingen u.a.

      Mit dem Einfluss des jüdischen Geistes in der Literatur (Junges Deutschland) entstanden auch die ersten jüdischen Verlage (z.B. Löwenthal, ist heute Rütten & Loening).

      Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erfolgte der Einbruch des Judentums in den Verlagsbuchhandel auf der ganzen Linie. Seit dieser Zeit datiert die Herrschaft des Judentums, die bis 1933 uneingeschränkt anhielt. Alle Literaturgebiete wurden erfasst: S. Fischer, Berlin: Rechtswissenschaft; Cassin [unleserlich], Berlin: die Kunst und die Philosophie usw. usw.|<23>

       

    3. Während des Weltkrieges.
    4. Die Entwicklung und der Ausbau, den der deutsche Buchhandel erfahren hatte, drohte im Weltkrieg einzustürzen. Die weiten Hallen der 1914 stattgefundenen "Bugra" verödeten. Das Interesse des Publikums an der Literatur erlahmte, die Lektüre bestand fast nur aus Extrablättern, Berichten der obersten Heeresleitung und aus Zeitungen. Die Produktion sank 1917 auf 16 800 Neuerscheinungen.

      Mit dem Weltkrieg entstand aber auch eine neue gewaltige kulturelle Organisation, der Feldbuchhandel. Auch hier machten sich unsaubere Geschäftspraktiken bemerkbar: Grossunternehmen, an welche einzelne Heeresabschnitte verpachtet waren, lieferten minderwertige Literatur und machten dabei recht gute Geschäfte.

      Die infolge der langen Kriegsdauer einsetzende Erschütterung des Ladenpreises brachte eine Unsicherheit mit sich, von der alle - Autoren, Verleger, Sortimenter, und Käufer - erfasst wurden. Das erste tatkräftige Einschreiten gegen diese Misstände erfolgte am 8.1.1920 durch die Notstandsverordnung des Börsenvereins. Die Inflation machte jedoch in radikalem Umsturz alle Abmachungen zunichte.

      Die politische Situation der Kriegszeit fand ihren Niederschlag auch im deutschen Verlagsleben. Zu Beginn des Krieges entstand bezeichnenderweise ein "Verlag der Liga für Menschenrechte" und mit der gegen Ende des Krieges einsetzenden Aktivierung des Marxismus wurden Verlage gegründet, die sich restlos in den Dienst der "Revolution" stellten, so z.B. 1917 der berüchtigte Malik-Verlag Herzfelde & Gumpertz.

       

    5. Seit 1918.
    6.  

      1. Allgemein.
      2. Das Auf und Ab der Nachkriegskonjunktur fand in der wirtschaftlichen Entwicklung des Verlagswesens|<24> seinen Niederschlag. Zur Zeit der Scheinkonjunktur stiegen die Neuerscheinungsziffern (1920 = 32 300), die Inflation liess die Zahlen wieder sinken (1923 =32 100, 1924 = 28 134). Nach neuerlichem Ansteigen (1925 = 37700, 1927 = 37 900) machte sich die beginnende "Weltwirtschaftskrise" auch im Verlagsbuchhandel deutlich bemerkbar. Seit dem Jahre 1928 sank die Zahl der Neuerscheinungen unaufhaltsam, um erst von 1934 an wieder langsam anzusteigen (1928 = 34 900, 1930 = 28 000, 1932 = 22 000, 1935 = 24 000).

        Die zahlreichen Verlagsgründungen nach Kriegsschluss (1920 = 175, 1921 = 148, 1922 = 113, 1923 = 75, 1924 = 85, 1925 = 5) waren meist politischer Art.

        Die Wirkung, die durch einen bewusst und vor allem straff geleiteten Verlag hervorgerufen werden kann, zeigt diese vergangene Zeit. Kleine und kleinste politische und weltanschauliche Gruppen, die keinerlei Rückhalt im Volk hatten, verbreiteten mit Hilfe eines Verlages ihre Ideen und zogen damit die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und des Volkes auf sich.

      3. Marxistische Verlage.
      4. Der Marxismus gründete, als er zur Massenpropaganda überging, eigene Verlage (Verlag Die Aktion, Berlin 1911; Malik-Verlag, Berlin 1917; J. H. W. Dietz, Stuttgart später Berlin; Vorwärts-Verlag, Berlin usw.). Auch die Kommunisten hatten bis 1933 ihr Verlagswesen gut durchorganisiert und den bedeutenden "Peuvag-Konzern" mit dem Hauptsitz in Berlin, unter der Leitung Münzenbergs geschaffen. Die terroristische Hetze durch Buch, Zeitschrift, Zeitung und Flugzettel ist auf das Konto dieses Verlages zu setzen. Auch die weltanschauliche Bindung der Arbeiterschaft an den Marxismus wurde durch die verschiedensten Verlagstypen begonnen. Man schuf marxistisch durchsetzte Buchgemeinschaften (Büchergilde Gutenberg, Berlin; Buchmeister-Verlag, Berlin), die die Anschaffung der Propagandaliteratur erleichtern sollten.|<25>

      5. Katholische Verlage.
      6. Der "Turm" des Zentrums fand während der Jahre der Novemberrevolution seinen stärksten Rückhalt in dem bereits seit langem gut organisierten katholischen Verlagswesen, vor allem in West- und Süddeutschland, sowie in Berlin durch den Verlag der "Germania".

      7. Bürgerliche Verlage
      8. Neben diesen Verlagen entstanden vor allem Verlage der politischen Splittergruppen und der verschiedensten Verbände. Durch diese oft äusserlich ganz unscheinbaren Betriebe trat schliesslich eine völlige Verwirrung ein. Der geballten Kraft der marxistischen und jüdischen Konzerne stand auf der anderen Seite ein zerrissener, sich selbst zerfleischender Kreis nationaler Verlage gegenüber. So wurden auf Seiten der Wehrverbände der Stahlhelm-Verlag, Berlin; der Jungdeutsche-Verlag, Berlin u.a. gegründet. National-reaktionäre Bürgerkreise schufen den Schlieffen-Verlag, Berlin. Die bündische Jugend stützte sich auf die Verlage Günther Wolff, Plauen; Voggenreiter, Potsdam. Fast als einzige geschlossene Einheit bestand damals der unter dem Einfluss Hugenbergs stehende Scherl-Konzern, der zum Hort der Reaktion wurde.

      9. Weltanschauliche Verlage.
      10. Andere Kreise richteten sich mit der Produktion ihres Verlages oft nur an einen kleinen aber einflussreichen Personenkreis. Sie schufen ausserhalb der breiten Öffentlichkeit die ersten Grundlagen für geplante Aktionen. So bevorzugte z.B. der Stefan-George-Kreis den Bondi-Verlag (nach 1933 den Verlag "Die Runde"), der Spann-Kreis den Gustav-Fischer-Verlag (später Erneuerungs-Verlag) usw. Auf diese Weise kamen ganze Wissensgebiete und Forschungsabschnitte in die Hände geschickter, zuweilen sehr gefährlicher Personen. Die gesamte Ostforschung bezw. die Veröffentlichung und Propagierung derselben lag z.B. in den Händen von drei Verlagen (W. G. Korn, Breslau; Osteuropa-Verlag, Königsberg; Verlag "Der nahe|<26> Osten", Berlin), die alle mehr oder weniger kleindeutsch, ja teilweise sogar offen probolschewistisch waren.

      11. Jüdische Verlage.
      12. Der einzige Nutzniesser dieser Zeit des Niederganges und der Zersplitterung war das Judentum, das seine Vormachtstellung ganz systematisch ausbaute. Die massgebenden Verlage sämtlicher Gebiete befanden sich in jüdischen Händen, z.B. S. Fischer, Berlin; Ullstein, Berlin; Paus Zsolnay, Wien-Berlin; C. Heymann, Berlin; Julius Springer, Berlin u.a.

      13. Nationalsozialistische Verlage.
      14. Daneben waren aber auch bewusst völkische Verlage an der Arbeit, allen voran der Vorkämpfer des Antisemitismus, Th. Fritsch, der seinen Hammer-Verlag in Leipzig zum Mittelpunkt seines Kampfes machte, und J. F. Lehmann in München, der der Rassenkunde mit seinem Auftrag an Prof. Günther den Weg bahnte.

        Das Musterbeispiel klarer Erkenntnis der politischen Bedeutung eines bewusst weltanschaulich und politisch geleiteten Verlages gab der Führer, als er 1920 an Pg. Amann den Befehl zur Gründung eines zentralen Partei-Verlages gab. Die Geschichte des Eher-Verlages ist mit der Geschichte der Partei engstens verbunden.

        Nach und nach gesellten sich zum Zentral-Verlag der NSDAP in den einzelnen Gauen Verlage, die sich allerdings mehr als Zeitungsverlage betätigten. Unter der Leitung Otto Strassers entstand der "Kampf-Verlag", der sich zum Mittelpunkt der nationalsozialistischen Propaganda ausserhalb Bayerns entwickelte. Als jedoch Otto Strasser nach den sächsischen Landtagswahlen 1930 den Weg des Renegaten ging, war auch sein Verlag für den Nationalsozialismus verloren. Er sank bald zur Bedeutungslosigkeit herab und wurde zum Mittelpunkt der "Schwarzen Front".|<27>

     

  3. Die Entwicklung seit 1933.
  4. 1933 fand der Nationalsozialismus ein Verlagswesen vor, das politisch völlig zersetzt und zersplittert war und wirtschaftlich vor dem Ruin stand.

    1. Marxistische Verlage.
    2. Schnelles polizeiliches Zugreifen war bei den rein marxistischen Verlagen geboten. Bereits Februar 1933 wurde im Zuge der Aktion gegen den Kommunismus der Peuvag-Konzern liquidiert. Später erfolgte die Schliessung der sozialdemokratischen Partei-Verlage.

      Gleichlaufend mit dieser ersten Säuberungsaktion lief eine zweite, die gewissermassen als Selbstreinigung zu bezeichnen ist. Ein Teil der Verlage, die sich politisch belastet fühlten, emigrierten. Vor allem waren es die privaten jüdisch-marxistischen Verlage oder ihre Inhaber und Leiter, so der Malik-Verlag, der seinen Sitz nach London und Prag verlegte, während der Sozius von Gustav Kiepenheuer, Dr. Fritz Landshoff, nach Holland ging und dort den berüchtigt gewordenen Querido-Verlag gründete, usw.

      Andere Verlage, denen eine Abwanderung ins Ausland nicht glückte, gingen in Liquidation. (Fackelreiter-Verlag, Berlin; Gustav Kiepenheuer, Berlin; Carl Henry Hoym, Hamburg u.a.). Ein Teil dieser Verlage wurde, als die ersten Auswirkungen der nationalsozialistischen Revolution vorüber waren, unter gleichen Namen wiedereröffnet, z.B. Gustav Kiepenheuer, Carl Henry Hoym. Positive Kulturpolitik kann von diesen Verlagen nicht erwartet werden.

    3. Konjunktur-Verlage.
    4. Eine grosse Gefahr für die gesunde Entwicklung der deutschen Literatur entstand durch die gewissenlose politische Anpassung eines Teils der Verlage. Wie auf vielen anderen Gebieten wurde auch hier aus der Konjunkturwirtschaft Nutzen gezogen. Teilweise wurde nationaler Kitsch produziert, der dem Nationalsozialismus nur abträglich|<28> sein konnte. Ein Teil der Verlage hatte vielleicht den ehrlichen Willen, doch konnte die Arbeit niemals Erfolg haben, da keiner der Verlage mit dem Nationalsozialismus verwachsen war (Verlag Kulturwacht, Berlin; Franz Schneider-Verlag, Leipzig u.a.). Als paradox muss es jedoch bezeichnet werden, wenn ein Verlag wie Rowohlt, früher ein rein kulturbolschewistisches Unternehmen, Bücher über den Kampf der NSDAP herausgab, obwohl noch die alte Literatenclique bei ihm zu Hause war. Durch die bald fühlbare Arbeit des Propagandaministeriums und später der parteiamtlichen Prüfungskommisssion zum Schutze des NS.-Schrifttums wurde dieser Entwicklung ein Ende gesetzt.

      Die Veröffentlichung des Reichskulturkammer-Gesetzes im November 1933 brachte die bis dahin unsichere Leitung des Verlagswesens in klare Bahnen.

    5. Sektierische Verlage.
    6. Jetzt trat jedoch eine andere Art von Verlagen auf, deren Wirken weit gefährlicher zu werden drohte. Diese Verlage versuchten, ihr bisheriges weltanschauliches Gedankengut in den Nationalsozialismus einzubauen und damit die nationalsozialistische Weltanschauung zu zersetzen. So erschienen z.B. im Marby-Verlag, Stuttgart die Bücher über "Runen-Gymnastik", die die Steigerung der menschlichen Hormone durch Gymnastik in Runenstellungen als Wiederentdeckung altgermanischen Weistums anpriesen. Es ist klar, dass alle Schriften solcher Art dem gegnerische Ausland für den Angriff auf den Nationalsozialismus willkommen waren. Das Theosophische Verlagshaus, Leipzig und der Theosophische Kultur-Verlag, ebenfalls in Leipzig, versuchten den Nationalsozialismus ihren sektierischen Bestrebungen dienstbar zu machen. Auf der gleichen Bahn bewegte sich der Verlag Herbert Reichstein, Berlin, dem es sogar gelang, seine Lehren nationalsozialistischen Kreisen erfolgreich anzubieten.

    7. Reaktionäre Verlage.
    8. Auch reaktionäre Verlage, die zwar schon immer "national", aber nie nationalsozialistisch waren, meldeten|<29> ihre "Verdienste um die nationale Erhebung" an. Diese Verlage wurden oft zu Sammelbecken staatsfeindlicher Kreise. So trat z.B. der Jungdeutsche Verlag Artur Mahraun als "Nachbarschaftsverlag" auf und versucht, sein altes "volksnationales" Gedankengut zu propagieren und darüber hinaus den Kreis der "Jungdo" zusammenzuhalten. Gleiche Tendenzen hatte der Schlieffen-Verlag, Berlin, der zu Sammelbecken ostelbischer Agrarkreise wurde. Ähnlich arbeiteten der Verlag Werner Schoknecht, Berlin; der Mehden-Verlag, Berlin u.a.

      Auch sogenannte "national-revolutionäre" Ideen wurden durch Verlage vertreten. Hier ist vor allem der Widerstands-Verlag von Ernst Niekisch zu nennen. Obwohl gerade Niekisch in nationalsozialistischen Kreisen bekannt war, konnte er doch bis heute, von einzelnen Buchverboten usw. abgesehen, weiterarbeiten.

    9. Bündische Verlage
    10. Wie im allgemeinen politischen Leben, so kam auch im Verlagsleben und in der Literatur der Frage der Jugenderziehung ausserhalb der Schule grosse Bedeutung zu. Die bereits vor 1933 auf diesem Gebiete führenden Verlage behielten die Führung auch jetzt inne. Während der Voggenreiter-Verlag, Potsdam, z.B. den Anschluss an den Nationalsozialismus suchte und auch fand, blieb der Günther Wolff-Verlag in Plauen der Verlag der bündischen Jugend. Dies musste solange zu Zusammenstössen mit der Hitler-Jugend führen, bis durch Massnahmen der Geheimen Staatspolizei dem Treiben des Günther Wolff-Verlages 1936 ein Ende gesetzt wurde.

    11. Weltanschauliche Verlage.
    12. Bei diesen Verlagen, deren Gefährlichkeit nicht unterschätzt werden darf, war die gegnerische Haltung bei einigermassen geschultem politischen Blick klar zu erkennen. Durch die geschickte Arbeit anderer Verlage aber wurde selbst in nationalsozialistischen Kreisen Verwirrung angerichtet. Die Kreise um den bekannten Wiener Prof. Othmar Spann bemächtigten sich des Erneuerungs-|<4>Verlages in Berlin, mit dessen Hilft sie den universalistischen Ständegedanken Spanns in Deutschland propagieren wollten. Im Herbst 1933 entstand in Berlin der Verlag "Die Runde", um den sich der jüngere George-Kreis, der sich die Wahrung des geistigen Erbes des bekannten Dichters zum Ziel gesetzt hatte, und die Anhänger des sogenannten Dritten Humanismus sammelten. Ein weiterer Versuch, über das Verlagswesen das politische Geschehen zu beeinflussen, wurde auf dem Gebiet der Ostforschung unternommen. Führend war hier der Kreis der Möller van den Bruck-Epigonen, die es verstanden hatten, sich des Korn-Verlages in Breslau zu bemächtigen (Dyrrssen, von Hugo). Unter der gleiche Einflussphäre standen der Röth-Verlag, Eisenach, der Verlag "Naher-Osten", Berlin und der Osteuropaverlag in Königsberg. Um letzteren sammelte sich vor allem ein Kreis probolschewistischer Wissenschaftler unter der Führung von Prof. Hoetzsch.

    13. Konfessionelle Verlage.
    14. Ein grosser Teil des heutigen innerpolitischen Kampfes spielt sich auf konfessionellem Gebiet ab. Diese Entwicklung findet ihre Auswirkung auch im Leben verschiedener Verlage. An der Spitze dieses Kampfes steht, wie zu allen Zeiten, der Katholizismus, dem eine Anzahl alter, bekannter Verlage zur Verfügung stehen. Die bedeutendsten sind hier der Herder-Verlag in Freiburg, Kösel & Pustet in München und Friedrich Pustet in Regensburg. Diese Verlage sind das getreue Spiegelbild katholischer Verlagsarbeit. Alle Gebiete der Literatur werden erfasst und mit katholischem Gedankengut durchsetzt. Unterstützt werden diese Verlage durch den Verlag Anton Pustet in Salzburg. Dieser Verlag wirkt von Ausland her sehr stark in Deutschland und arbeitet mit den bereits erwähnten katholischen Verlagen zusammen. Die zahlreichen anderen katholischen Verlage beschränken sich mehr oder weiniger auf Spezialgebiete. Der Bachem-Verlag in Köln ist durch seine "Studien" gegen Rosenbergs Mythus "weltberühmt" geworden. Die Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung in Münster, eine der ältesten Verlagsbuchhandlungen überhaupt, will angeblich mit ihrer Produktion eine Brücke vom Katholizismus zum Nationalsozialismus schlagen. Ein unbeschränktes Dominium der Jesuiten ist der Verlag Laumann in Dülmen. Die typische Erscheinung echt katholischer Arbeitsweise stellt der Jos. Bercker-Verlag in Kevelaer dar, der die Aufgabe hat, katholische Belange in die verschiedensten Organisationen des Reiches zu tragen bzw. diese zu wahren und zu fördern. (Schriftenreihen für den Arbeitsdienst, die Landjahrjugend usw.) Der Verleger Jos. Bercker verfügt als alter Stahlhelmer über gute Beziehungen zu militärischen Kreisen, die er 1933 zur Gründung eines Wehr-Verlages Joseph Bercker in Berlin ausnutzte. Hier erscheinen Handbücher für Militär und Polizei, die früher in Kevelaer herausgegeben wurden. Während also im Verlag in Kevelaer in schärfster Form gegen den Nationalsozialismus gearbeitet wird, wird in Berlin nationalsozialistisches Schrifttum verlegt. So gelang es, die direkte Förderung des Verlages durch höchste Stellen der Partei und des Staates zu erreichen.

      In gleicher Weise arbeitet auch die evangelische Kirche, an ihrer Spitze wiederum die Bekenntnisfront. Auch ihr standen eine Reihe alteingesessener Verlage zur Verfügung (Bertelsmann, Gütersloh; Vandenhoeck & Rupprecht, Göttingen.). Neben den genannten Verlagen sind hier besonders der Furche-Verlag, Berlin; Chr. Kaiser, München und der Wichern-Verlag, Berlin tätig.

      Als Reaktion auf diese verlegerische Tätigkeit der christlichen Kirchen entstanden im Zuge der allgemeinen Entwicklung eine Reihe deutsch-gläubiger Verlage, (Erich Röth, Eisenach; Nordland-Verlag, Magdeburg; Adolf Klein, Leipzig; Karl Gutbrod, Stuttgart (Durchbruch-Verlag)- jetzt Truckenmüller - u.a.). Die bedauerliche innere Zusammenhangslosigkeit ist in den deutschgläubigen Verlagen ebenso auffallend wie unter den verschiedenen deutschgläubigen Gruppen.|<32>

    15. Schöngeistige Verlage.
    16. Ein besonders schwieriges Problem waren die riesigen schöngeistigen Verlage wie Rowohlt, Berlin; Ullstein, Berlin; Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart usw. Hier war aus rein wirtschaftlichen Gründen ein unmittelbares Eingreifen in den Betrieb selbst nur schwer möglich. Man versuchte, zu einer Verlagerung des finanziellen Schwergewichts zu kommen, d.h. die bisherigen Unternehmer auszubooten und die Produktion nach und nach in ein anderes Fahrwasser zu lenken, ohne die Veränderung nach aussen sofort sichtbar werden zu lassen. Der Eigentümer des S. Fischer-Verlages in Berlin wurde vom Reemtsma-Konzern ausgezahlt und der Verlag unter die Aufsicht der Reichsschrifttumskammer genommen. Der bisherige Inhaber Dr. Bermann-Fischer ging nach Wien und gründete dort den Verlag Bermann-Fischer, in den er eine Reihe seiner ehemaligen Autoren mitnahm. Die Deutsche Verlagsanstalt in Stuttgart wiederum wurde durch die Zeitungsauffanggesellschaft "Vera" übernommen usw.

    17. Jüdische Verlage.
    18. Ähnlich ging die Ausschaltung des Judentums aus dem Verlagsleben vor sich. Die Juden wurden offiziell aufgefordert, aus den Verlagen auszuscheiden oder sich auf das rein jüdische Schrifttum zu beschränken. Auch dies stiess oft auf wirtschaftliche Schwierigkeiten, die schliesslich dazu führten, dass einer Reihe von Juden die Ausnahmegenehmigung zur einstweiligen Fortführung ihrer Verlage erteilt wurde (Jolowicz i Fa. Gustav Fock, Leipzig u.a.). Auch im Verlagswesen verstanden es die Juden, jede Möglichkeit ihren Zwecken dienstbar zu machen. So kann z.Zt. gegen den in rein jüdischen Händen befindlichen Zsolnay-Verlag in Berlin nichts unternommen werden, da sich angeblich der Hauptsitz des Verlages in Wien befindet und die Berliner Firma nur als Filiale gilt. Wie das Judentum die geltenden Bestimmungen zu umgehen versteht, zeigt der Fall des Verlages Bensheimer in Mannheim, jetzt "Deutsches Druck- und Verlagshaus". Hier verpachtete|<33> der jüdische Eigentümer den Verlag für eine Pachtsumme von jährlich 20 000 RM. an einen Arier, behielt sich jedoch die Entscheidung in wichtigen Fällen (Verlagsverträge, Einstellung höherer Angestellter usw.) vor. Damit gilt er offiziell als ausgeschieden, hat keinerlei Verantwortung oder Risiko, und ist trotzdem der geistige Träger des Verlages.

    19. Nationalsozialistische Verlage.
    20. Neben diesen unerfreulichen Erscheinungen im Verlagswesen gibt es zahlreiche Verlage, die sich positiv für die nationalsozialistische Weltanschauung einsetzen. An ihrer Spitze steht neben dem Zentralverlag der NSDAP der bekannte Verlag J. F. Lehmann, München. Weitere positive Verlage sind der Armanen-Verlag, Leipzig; der Propaganda-Verlag Paul Hochmuth, Berlin u.a. In den einzelnen Gauen entstanden die Gauverlage der NSDAP. Einige von diesen sind im Laufe der Jahre zu Grossverlagen angewachsen (Gauverlag Bayrische Ostmark, NS-Verlag für den Gau Schlesien). In der letzten Zeit greift auch die Verlagsgesellschaft der DAF in das Verlagswesen aktiv ein, indem sie bei wichtigen Verlagen für die DAF die Kapitalmehrheit erwirbt und nach und nach versucht, die Verlage in einwand-frei nationalsozialistisches Fahrwasser zu bringen (Hanseatische Verlagsanstalt, Langen/Müller, Avenarius u.a.)

 

E. DIE AUFGABEN DES SD. AUF DEM GEBIET DES VERLAGSWESENS.

 


Ende