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Gnadengesuch von Heinz Moldt vom 8.5.1944

Linie
Viereck

Transkript

Berlin, den 8. Mai 1944

Das Kriegsgericht hat mich zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt wegen Straftaten, die von fast jedem Angestellten des Verlagswesens gegangen worden wären, in völliger Unkenntnis darüber, gesetzwidrig gehandelt zu haben. In meiner Verzweiflung wende ich mich an sie und bitte inständigst um Ihr Verständnis für meine Lage.

Der Sachlage entsprechend bin ich mit volksschädlingen auf eine Stufe gestellt und für ihre Handlungsweise mit verantwortlich gemacht worden.Tatsächlch aber habe ich die Gesinnung meines Vorgesetzten Lackas — mit v. Riewel hatte ich nichts zu tun — erst im Verlaufe des prozesses kennengelernt. Ob Lackas mich aus Misstrauen oder Berechnung aus Angst vor Vorwürfen oder Anzeigen nicht in seine Schiebungen einweihte, ist mir unklar. Die wenigen mir bekannten aber unlauter vorkommenden Geschäfte, habe ich dem lackas vorgehalten — wie schon im protokoll angegeben — wurde von ihm aber enrtgisch zurecht gewiesen. Dass Lackas einigen Leuten im R.L.M. und O.K.H. etliche Kleinigkeiten gegen Bezahlung besorgte, hielt ich für zulässig.

Sowohl bekannte Verleger, als auch Fachschaftsleiter die mir richtung gebend sein mussten, arbeiten mit lackas eng zusammen und tätigten die vom Staatsanwalt beanstandeten Geschäfte.

Da unter den Persönlichkeiten, mit denen Lackas Verträge abschloss, sich auch Offiziere befanden, denen ich als entlassener Unteroffizier Respekt und Achtung bewahrt hatte, war der Gedanke an Schiebungen absurd. Irgendwelche Mahnungen oder Anfragen, die ich an Lackas richtete, entsprangen nicht dem wissen im strafbarer Handlung, sondern meiner kleinlichen Einstellung als ehemliger bescheidener Lebensmittelverkäufer. In meinem Arbeitsbereich als Buchvertreter habe ich stets korrekt und ohne den kleinsten Gefälligkeitsbeweis gearbeitet und meine Aufträge getätigt, wie durch Nachforschungen jederzeit feststellbar wäre. Ebenso geht aus einer Kontrolle meiner Provisionsabrechnungen hervor, dass ich meinen hohen Verdienst ordnungsgemäss wie andere Buchvertreter auch erworben habe. Betonen möchte ich noch, dass Lackas meine Kunden so wenig kannte, wie diese ihn. Da ich meinem Vorgesetzten Lackas über meine Arbeitsergebnisse täglich berichtete, waren wir sehr oft im Büro zusammen, wobei ich auch manchen seiner Geschäftsfreunde sah und eine Vorstellung von seinem Arbeitsreich bekam.Infolge meiner Ungewandheit und der mangelnden Fachkenntnisse, bleiben die Bemühungen des Lackas, mich zu seiner Vertretung zu schulen, erfolglos. Beispiele dafür sind auch meine als Begleiter des Lackas unternommenen Fahrten nach Amsterdam und Paris, wobei ich dem Lackas keinerlei Hilfe erweisen konnte, sondern lediglich als Statist wirkte und deshalb von paris eigenmächtig vorzeitig abfuhr, um meine mir zusagende Tätigkeit — Verkauf von Büchern — aufzunehmen.

Aus denselben Gründen hätte auch bei einer gemeinsamen Übernahme des Verlages Greier, durch Lackas und mich, Lackas als Kopf und ich als Hand gewirkt. Von den Vorbereitungen und Machenschaften des Lackas, vor der Übernahme der Firma Greiner — und wegen dieser — hatte ich keine Kenntnis, sondern vertraute blind meinem bisherigen Vorgesetzten Lackas. Es ist unmöglich, dass Lackas mich als Teilhaber in die neue Firma herein nahm, um sich meinen grossen Kundenkreis zu sichern und aus meiner Kriegsversehrheit Nutzen zu ziehen. Privaten Verkehr hatten Lackas und ich nicht miteinander, sodass ich seine charakterlichen Eigenschaften nicht kennenlernte, diese wurden mir erst im Prozwss offenbar.Nie hätte ich dem Lackas die durch den Prozess bewiesenen Tatsachen zugetraut und für möglich gehalten, sonst hätte ich Mittel und Wege gesucht, diesen Menschen zu verlassen, oder andere Stellen auf seine Methoden aufmerksam zu machen.

Zu den drei Urteilspunkten möchte ich folgendes bemerken:

  1. Betrug an der Deutschen Reichsbahn ist mir unverständlich, da ich als Vertreter im Aussendienst-Buchvertrieb — garnichts mit Speditionsfragen zu tun hatte.

  2. Fortsetzte Untreue: Als Buchvertreter darf ich laut Sachverständigengutachten mit Wissen meiner Vertragsfa. andere firmen vertreten. Meine Vertragsfirma war jeweils durch den mir zustehenden Geschäftsführer Lackas informiert. Laut Zeugenaussage war Lackas als Leiter der Fa. Arnold vom Deutschen Verlag anerkannt. Das gleiche war beim Deutschen Archiv-Verlag der Fall. In beiden Firmen war Lackas mein vorgesetzter und daher berechtigt, meine tätigkeit für andere Verlage zu gestatten oder zu verbieten. Er hat mir sogar diese Verbindungen durch seine Vermittlung geschafffen, allerdings — wie sich jetztergab — um selbst dabei zu verdienen

  3. Kriegswirtschaftsverbrechen in geringem Umfang kann ich als Verkäufer von fertigen Büchern nicht begehen, da Bücher nicht bewirtschaftet sind und ich mit der Herstellung nichts zu tun hatte. ich möchte noch darauf hinweisen, dass meine hohen Verdienste, durch den grossen Umsatz bedingt, durchaus korrekt und üblich waren. Im Gegensatz zu vielen Kollegen verlangte ich statt der mir zustehenden 20% nur 5% Provision, weil diese mir schon zu hoch erschien

Gerne hätte ich weitere Prozente zugunsten Betreuungsstellen geopfert, aber Rabatte waren im Buchhandel verboten. Da ich nachgewiesenermassen steuerehrlich war, wäre mir sowieso von dem hohen Verdienst nur ein geringer Teil geblieben. In Anbetracht meiner bisherigen Unbescholtenheit als Mensch, Geschäftsmann und Soldat, und dass ich vom Augenblick meiner Verhaftung bis heute die volle mir bekannte Wahrheit gesagt habe, und evtl. Fehler in meinem neuen Beruf nur auf Unerfahrenheit zurückzuführen sind, bitte ich um Überprüfung des ergangenen rteils. Im Vertrauen auf Ihre gerechte Entscheidung, in der Hoffnung auf milde Bestrafung meiner als Schwerkriegsbeschädigten mühsam errungenen Existenz im Buchhandel wieder aufzunehmen


Ende