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Verhör Matthias Lackas durch Oberkriegsgerichtsrat Noack
Berlin, 10.2.1944

Linie
Viereck Transkript Hans-Eugen Bühler, 2003

Einordnung

Sonderverhör zu Beziehungen Matthias Lackas zu Heinrich Schepelmann — dank des Umstandes, daß Noack Lackas erstmals verhörte, ein Protokoll weit größerer Faktendichte als die übrigen Vernehmungsprotokolle, die sich stets unverzüglich Detailfragen zuwenden und diese selektiv beleuchten.

Dokument

BA-ZNS Aachen RH 69/1c, S.61-69.

Feldgericht z.b.V.

Bln. Charlottenburg, den 10.2.44

A.K. St.L. 396/43

Gegenwärtig:

Oberkriegsgerichtsrat Noack als Vernehmender

Stabshelferin Schäfer als Protokollführerin

Schepelmann

Bis Dezember 1940 war ich Generalvertreter des Deutschen Verlages in Berlin in Köln für Rheinland und Westfalen. Der Deutsche Verlag hatte in Berlin eine Reisebuchhandlung, die Buchhandlung Georg Arnold, die dem Deutschen Verlag angehörte. Die Buchhandlung arbeitete in den letzten Jahren mit Verlust, der Umsatz betrug durchschnittlich RM 500 000.- bei 50 Angestellten. Ich wurde im Jahre 1941 nach Berlin berufen, um die Rentabilität der Buchhandlung Arnold herzustellen. Dazu war es notwenig, dass die Buchhandlung Arnold grosse Aufträge von Dienststellen hereinholte und auf diesem Wege suchte ich den Führungsstab der Luftwaffe auf, der uns, d.h. dem Deutschen Verlag, bekannt war durch eine grosse Bestellung, die Ende 1940 durch Hptm. Lamprecht für Norwegen und Finnland aufgegeben wurde. Ich besuchte etwa 15-20 mal die Dienststelle, ohne einen besonderen Erfolg zu haben, weil damals die Anforderungen an Büchern noch gering waren und diese Aufträge meines Wissens ausschliesslich an den D.A.V. gegeben wurden. Als sich dann die Kriegsschauplätze erweiterten, stellte sich die Notwendigkeit beim Führungsstab heraus, mehrere Firmen mit Bücheraufträgen zu beauftragen. Ich verhandelte in erster in der Hauptsache mit Hptm. Lamprecht, und nur hin und wieder war ich auch mit Oberstltn. Schepelmann zusammen. Eines Tages wurde die Bibliothekarin Frl. Grohne bei der Buchhandlung Arnold angesagt, die sich unseren Bücherbestand ansehen wollte. Bei dem Besuch stellte sich heraus, dass ich Frl. Grohne von Neuwied her kannte, wo ich 1925/26 eine kleine Buchhandlung leitete. Unser Bücherbestand, auch die Auswahl war recht gut, so dass einem Auftrage nichts mehr im Wege stand. Ich erhielt darauf für die Buchhandlung den ersten Auftrag über 50.000 RM. Dieser Auftrag war sehr schnell von uns erfüllt, der 2. auftrag lautete bereits über 500.000 RM. Ich muss erwähnen, dass damals der Rußlandfeldzug hinzukam, der ungeheure Betreuungsmassnahmen erforderte. Daher sind die sprunghaft hohen Aufträge, die sich später auf 1.000.000 RM erweiterten, zu erklären. Ich habe mir gerade bei der Luftwaffe sehr grosse Mühe gegeben, die Zusammenstellung der Feldbüchereien so auszuwählen, dass sie jedem Soldaten Freude bereiteten und dass auch jeder Soldat, sei es Arbeiter oder Intellektueller, das Buch findet, dass er sich wünscht. Hierbei muss gesagt werden, dass ich, ohne mich selbst zu loben, grosse Büchermengen bei den Verlegern herausholte, damals noch ohne Papierersatz durch die Luftwaffe. Im Jahre 1942 wurde die Lage auf dem Büchermarkt aber immer schwieriger, und die Verleger verlangten bei unseren Grossaufträgen entweder ganz oder teilweise Papierersatz. Gelegentlich eines Besuches der Frau Braun in unseren Geschäftsräumen erzählte sie mir, dass sie nunmehr eine andere Stelle habe — sie war vorher Sekretärin bei Hptm. Lamprecht — dass sie nunmehr die Rohstoffstelle im Führungsstab verwalte. Bei dieser Gelegenheit fragte ich Frau Braun, ob die Möglichkeit bestehe, dass den Verlegern bzw. der Buchhandlung Arnold Papier zur Verfügung gestellt würde. Diese Möglichkeit wurde seinerzeit bejaht. Frau Braun rief mich wohl, wie mir erinnerlich ist, eines Tages an und sagte, dass nunmehr Papier gegeben werden könne. Es handelte sich damals um einen grossen Posten Lagerpapier, der bei den verschiedenen Vertragsgrossisten der Luftwaffe in Berlin eingelagert war Die Läger solten auf Anordnung seinerzeit geräumt werden. Um diese Zeit war der Papierscheck noch nicht eingeführt, sondern das Papier wurde auf sogenannten Bedarfsdeckungsscheine ausgegeben. Während der Papierscheck einer Zensur unterliegen muss meim OKW — Abt. Inland — war das seinerzeit beim Bedarfsdeckungsschein nicht notwendig. Das Papier konnte direkt von der Rohstoffstelle des RLM. an den Verbraucher gegeben werden. Als Verwendungszweck wurde uns angegeben "Bücher für die Feldbüchereien der Lw" Der erste Posten Papier wurde nach meiner Erinnerung nicht durch Domagalski genehmigt und zugeteilt, sondern über Frau Braun als Vertreterin des Domagalski. D. kannte ich um diese Zeit noch nicht. Erst einige Zeit später wurde mir ein Bücherwunsch von D. vorgetragen. Das Buch hatte er sich in unseren Geschäftsräumen auch abgeholt, und er hatte sich gleichzeitig unsere Lagerräume und das Sonderlager der Luftwaffe angesehen. Den Besuch des D. in den Geschäftsräumen der Buchhandlung Arnold vermittelte Frau Braun. Es war bekannt in dem Führungsstab, dass die Buchhandlung Arnold den Löwenanteil der nunmehr gross eingesetzten Feldbüchereien lieferte, und aus diesem Grunde heraus wurden wir seinerzeit auch etwas bevorzugt mit Papier behandelt. Da eben seinerzeit die Papierlage beim RLM. scheinbar nicht ungünstig war erhielten wir mehr Papier, als ich mir von Anfang an vielleicht vorgestellt hatte. Es muss dabei aber gesagt werden, dass von dieser Zeit an die Luftwaffe bezüglich des Umfangs der Feldbüchereien jeden Wunsch äussern konnte. Dieser Wunsch wurde von uns in kürzester Frist erfüllt, was von der Dienststelle aus bestätigt werden kann. Nachdem ich nun einmal D. kennengelernt hatte, wurde das Verhältnis durch die weitere Zusammenarbeit beinahe freundschaftlich. Wenn ich in der Folgezeit besondere Wünsche hatte, die mit der Rohstoffstelle zusammenhingen, so ging der Weg nicht immer über Frau Braun, sondern ich wandte mich auch telefonisch an D.. Im Sommer 1942, als Frau Braun im Urlaub war, verhandelte ich nur mit D. und erhielt um diese Zeit auch einige Posten Papier, die seinerzeit schnell vergeben werden mussten, damit sie nicht verfallen. Es wurde mir seinerzeit sogar die Auslegung gegeben, dass das RLM. nicht gern der Rohstoffstelle des OKW. aus dem monatlichen oder Vierteljahreskontigent Papier zurückgäbe, da man sonst das Kontingent kürze. Die Abfindungen bei der Rohstoffstelle des RLM. waren m. Erachtens in den einzelnen Monaten verschieden. Wenn die Rohstoffstelle des RLM. einmal eine Spitze übrig hatte, so hat D. mich schon einmal gefragt, ob wir für die Feldbüchereien für eine bestimmte Sorte Papier — es handelte sich meist um Kunstdruckpapier — Verwendung hätten. Im September oder Oktober 1942 wurde dann der Papierscheck eingeführt, und als Verwendungszweck wurde in der Folge von uns, was nicht Beanstandet wurde, eingesetzt "Bücher für die Feldbüchereien der Luftwaffe". Kurze Zeit nach Einführung des Papierschecks wurde vom OKW. — Abt. Inland — die Zensur eingeführt. Von diesem Zeitpunkt gingen die Wehrmachtspapierschecks folgenden Weg: Der Scheck musste ausgefüllt werden und als Verwendungszweck von dem Verbraucher beispielsweise angegeben werden: "5000 Simpson Die Barrings" — Für die Feldbücherei der Luftwaffe. Der Scheck wurde dann von Frau Braun ans OKW — Inland (Dienststelle Kriegsverwaltungsrat Dr. Eggebrecht) gegeben, dort wurde geprüft, ob die beantragten Titel würdig und für die Feldbüchereien geeignet seien. Der Scheck wurde dann auf der Rückseite mit einem Stempel versehen und ging an Frau Braun zurück, die bei Genehmigung des Papierschecks für die Zensurstelle diesen an die Rohstoffstelle weitergegeben hat, die ihn ihrerseits wieder mit einer Prüfnummer und dem Prägestempel versehen hat. Von hier aus ging der Scheck dann zu der zuständigen Verteilungsstelle (Wirtschaftsgruppe), die den Scheck dann an den Verleger des Buches weiterleitete. Nachdem der Papierscheck eingeführt wurde, war die Lage auf dem Papiermarkt seinerzeit auch schon schlechter geworden, sodass wir mengenmässig nicht mehr, wie einige Monate vorher bedacht werden konnten. Hinzu kam auch, dass das OKW — Inland — einige Titel als ungeeignet ablehnte. Von D. wurden uns allerdings später auch nach meinem Austritt aus dem Deutschen Verlag Papierposten, die am Monatsende keine andere Verwendung fanden, für künftige Aufträge gegeben, und zwar aus dem Grunde, damit diese Papierposten dem RLM erhalten blieben. Es handelt sich hier um 2 Fälle. Als Verwendungszweck wurde angegeben "Druckvorhaben" In diesem Falle braucht, da es sich nicht um ein bestimmtes Buch handelte, der Scheck nicht durch die Zensur OKW — Inland zu laufen (Lt. Haensel — vom OKW — Inland — erklärte mir allerdings nach meiner Verhaftung, dass auch dieser Scheck zensurpflichtig gewesen wäre. Das konnte ich aber seinerzeit nicht wissen, und es war ja auch nicht meine Aufgabe, die Schecks der Zensur zuzuleiten).

Wie bereits einmal erwähnt, hat sich das Verhältnis Domagalskis zu mir beinahe freundschaftlich gestaltet. Von meinen Fahrten nach Paris, Amsterdam usw. habe ich in der Folgezeit, d.h. Ende 1942 und im Jahre 1943, Domagalski öfters Genussmittel mitgebracht, vor allem solche Sachen, die er für sein Kind verwenden konnte (Butter usw.). Ich schätze, dass ich etwa 6-8 Mal solche Sachen mitbrachte, die dann D. bei mir zu Hause abholte. Bei solchen Gelegenheiten — es war meist nach Dienstschluss zwischen 6 — 7 Uhr — tranken wir auch zusammen einen oder mehrere Schnäpse. D. hat im Jahr 1942 von der Buchhandlung Arnold öfters Bücher erhalten, und zwar mit einem Rabatt von 40% im Durchschnitt. Dieser Rabatt wird im allgemeinen auch den Angestellten des Deutschen Verlages und der Buchhandlung Arnold gewährt. Da uns die Möglichkeit durch die Luftwaffe gegeben wurde, in grösserem Umfange Bücher zu beschaffen, wurde die Rabattgewährung auch auf einzelne Angehörige des Führungsstabes ausgedehnt. Eine Anzahl Romane oder Unterhaltungsliteratur, die wir selbst von den Verlagen kostenlos als Lesestücke erhalten hatten, habe ich D. ebenfalls kostenlos überlassen. Erwähnen möchte ich dazu, dass es im Buchhandel Sitte ist, dass die Lesestücke nicht dem Bücherbestand einverleibt werden, sondern dass diese sonst unter den Angestellten kostenlos verteilt werden. Durch die Abgabe dieser kostenlosen Stücke wurde aso die Buchhandlung Arnold nicht geschädigt. In diesem Zusammenhang will ich erwähnen, dass auch noch andere Personen aus den Dienststellen der Luftwaffe Bücher zu den gleichen Bedingungen wie Domagalski bei dem Verlag Arnold erworben haben. Es handelt sichhier um Hptm. Ahrens v. Fü. Stab, Ass. Nebinger u.Ass. Krausen aus der Abteilung des Oberstleutnant Schepelmann, Frl Grohne und Frau Braun. Oberlt. Schepelmann Und Hptm. Lamprecht haben jedoch auf diese Weise keine Bücher von uns bezogen. Sie haben auch keine Bücher von mir geschenkt erhalten.

Domagalski hat von mir 2 oder 3 Flaschen Schnaps erhalten. Die Sachen wurden bis auf 1 oder 2 Fälle von D. bezahlt. In einem Falle kann ich mich genau erinnern, dass ich meinen Bekannten Eberhard v. Riewel von Köln aus schriftlich gebeten habe, ein Paket, das ich von Köln in meine Wohnung aufgegeben habe, auszupacken und aus diesem Paket D. 2 Würste auszuhändigen. Das war im Monat Juli, und ich habe das veranlasst wegen der starken Hitze. Ich habe von Köln aus eine Reise nach, und durch diese Abwesenheit von mir wurde es seinerzeit unterlassen, die Wurst D. zu berechnen. Später geriet diese Angelegenheit dann in Vergessenheit.

Mit Oberstltn. Schepelmann kam ich bis Mitte 1942 kaum in Berührung. Alle geschäftlichen Aktionen wurden durch Hptm. Lamprecht und Ass. Nebinger und Ass. Krausen erledigt. Ich kann mich noch erinnern, dass ich Sch. Ende 1942 eine Kiste Zigarren aus Köln mitgebracht habe, die auch bezahlt wurde. Diese Zigarren — es handelt sich um eine holländische Ware, die mit Papierdeckblatt garbeitet war — kostete mich 90 Pfg. pro Stück. Dieser Preis schien mir so hoch, dass ich von Sch. nur 50 oder 60 Pfg. pro Stück verlangte. Ende 1942 haben wir der Luftwaffe, da auf Anordnung der Reichsschrifttumskammer bzw. des Börsenvereins der Buchhändler kein Rabatt gewährt werden durfte, eine Bücherspende zur Verfügung gestellt. Diese Bücher wurden in Pakete verpackt, und zwar immer 25 verschiedene Titel. Vom Führungsstab aus bekamen wir dann Versandanweisungen für die einzelnen Truppenteile, die diese Bücher erhalten sollten. Durch diese Arbeit kam ich mit Oberstltn. Sch. in den Räumen der Buchhandlung Arnold öfters zusammen, da er die Verteilung dieser Bücherspende selbst vorgenommen hat. Ende 1942 bin ich nach vorausgegangenem Streit mit dem Direktor Dr. Rösler auf eigenen Wunsch aus dem Deutschen Verlag ausgeschieden. Am Tage dieses Streits bin ich sofort zu Oberstlt. Sch. gefahren und habe ihm von der Tatsache Kenntnis gegeben. Er hat mir daraufhin sofort den Rat gegeben, beim D.A.V. einzutreten, und er rief in meinem Beisein Herrn R[oeingh]. an, der auch sofort ins Büro von Sch. kam. Herr R[oeingh]. war damals sofort damit einverstanden, dass ich bei ihm eintreten könne. Sch. hat R[oeingh]. darauf aufmerksam gemacht oder darum gebeten, mich an den von mir hereinzubringenden Umsätzen zu beteiligen. Damit waren nicht nur die Umsätze mit der Lw. gemeint, sondern auch die Umsätze mit anderen Dienststellen und Behörden. R. hat mir daraufhin folgendes Angebot gemacht: Monatliches Gehalt 1000 RM und, da die Bücherbeschaffung damals schwieriger war als der Verkauf, bot er mir eine Provision von 1/3 des Verkaufswertes der Bücher an, die ich in der Folgezeit von den Verlegern beschaffte. Im Durchschnitt machte dieses Drittel dann etwa 15% des Verkaufswertes aus. Ich war über die Höhe des Angebotes von R[oeingh]. selbst bass erstaunt, und es zeigte sich in der Folge, dass ich enorme Gewinne gutgeschrieben bekam. Während meiner Zugehörigkeit zum D.A.V. Januar bis Juli 1943 machte diese 15%ige Beteiligung etwa 480.000 RM aus.

Da die Büroräume des D.A.V. in der Nähe der Büroräume der Luftwaffe lagen, kam es wohl, dass Sch. Herrn Roeingh öfters in seinen Büroräumen, die gleichzeitig Wohnung waren, Besuche abstattete. Dadurch kam ich mit Sch. des öfteren zusammen. Als ich aus dem Deutschen Verlag ausgeschieden bin, hatte ich ein Aktenbündel mitgenommen, dass die Papierangelegenheiten des RLM. und die Verhandlungen mit den Verlegern betraf. Diese Akten wurden, als sie beim Deutschen Verlag vermisst wurden, von mir zurückverlangt. Dazu muss ich erwähnen, dass der eigentliche Grund meines Ausscheidens aus dem Deutschen Verlag der war, dass zwischen dem Buchverlag und der Buchhandlung Arnold eine Art Konkurrenz im Umsatz zustande kam. Der Buchverlag des Deutschen Verlages, der in normalen Zeiten etwa 3 Millionen Mark jährlich umsetzte, steigerte sich bis Ende 1942 auf etwa 10 Millionen RM. Der Buchverlag beschäftigte aber allein eine Redaktion von etwa 20 Wissenschaftlern, von denen jeder als Mindestgehalt 500 RM Gehalt erhielt. Darüber hinaus wurde eine grosse Redaktions- und Expeditionsabteilung gebraucht, während die Buchhandlung Arnold unter meiner Führung mit 8-10 Angestellten auskommen musste und der Umsatz sich aber bis Ende 1942 auf etwa 8 Millionen RM erhöhte. Während die Geschäftsleitung, Herr Direktor Bauer [sic!] (gleichzeitig Direktor des Eher-Verlages) mir einmal persönlich zu den grossen Umsätzen der Buchhandlung Arnold gratulierte, wurde ich von der Direktion des Buchverlages dauernd dahingehend belehrt, dass die Direktion diese Umsätze gar nicht wünsche. Am Tage des Streites habe ich in heftiger Form Direktor Rösler davon Mitteilung gemacht, dass Direktor Bauer anderer Ansicht sei und dass ich ihm seine (Dr. Röslers) Ansicht einmal mitteilen müsse, worauf Dr. Rösler mir mir kurz erklärte, wenn mir das nicht passe, solle ich mir eine andere Stelle suchen. Mit 5 Worten kam es dann zu der erwähnten Trennung. Oberstlt. Sch. hat anfangs in jeder Beziehung meine Partei ergriffen. Erst als der Betreibsführer Wiesner und Dr. Rösler vom Deutschen Verlag zusammen einen Vorstoss bei der Lw. gegen mich unternahmen, wurde er in seinem Verhalten mir gegenüber zurückhaltender. So kam es auch, dass er eines Tages Dinge, die er in der Dienststelle nicht mit mir besprechen wollte, in meiner Wohnung mit mir besprach. Bei der Gelegenheit wurden auch von mir Schnäpse gereicht und Zigarren. In der Folgezeit hatte Sch., nachdem er wusste, dass ich solche Genussmittel besass, dauernd gebeten, dass ich ihm etwas abgebe und aus Paris bzw. Amsterdam mitbringe. Diese Wünsche arteten meist in Drängelei aus, so dass ich mich den Wünschen kaum mehr entziehen konnte. Ich habe dann von diesem Zeitpunkt an des öfteren Zigarren und Schnaps mitgebracht, die auch immer bezahlt wurden. Ich schätze, dass ich etwa 6-8 Mal Wünsche von Sch. erfüllt habe. Seine besondere Nachfrage nach Schnaps begründete er damit, dass er diesen so quasi als Medizin für seinen Herzfehler brauche. Sch. war dann auch 4-5 Mal in meiner Wohnung, um sich solche Genussmittel abzuholen. Bei dieser Gelegenheit wurden auch einige Schnäpse von ihm getrunken. Wenn ich mich durch irgendwelche Ausreden solchen Wünschen entziehen wollte, liess er einfach den Wagen vorfahren, mit dem er zusammen mit mir in meine Wohnung fuhr, so dass ich einfach gar nicht mehr meine Ausreden aufrecht erhalten konnte, da er etwaigen Zeitverlusten durch die Stellung des Wagens in die Winde zerschlug. Erwähnen muss ich noch, dass die Besuche und meine ganze Stellung zu Sch. per distance vor sich ging. Durch die Betreuungsstelle des Grafen Monts, der vor allen Dingen die Waffen-SS und die Polizei im Osten zusätzlich betreute, sei es durch Grammophonplatten oder Radioapparate, Bücher, Schnaps usw. hatte ich Gelegenheit, öfters einmal Bols-Liköre zu erhalten, die er wiederum in grossen Mengen von der holländischen Bols-Firma durch Verbindung seiner Frau, die Holländerin ist, erhielt. Sch. wusste, dass ich von einer Dienststelle solche Schnäpse erhalten konnte und hat mich gebeten, ihm ebenfalls einige Flaschen zugänglich zu machen. Der Leiter der Verteilungsstelle des Grafen Monts hat mir auch zugesagt, 12 Flaschen Liköre für diesen Zweck abzugeben, die Sch. durch seinen Wagen auf Grund einer von mir ausgestellten Bescheinigung abholen liess. Es handelt sich um 12 Flaschen zu 12 RM, insgesamt also 144 RM. Sch. wollte diese Flaschen an einzelne Damen und Herren seiner Dienststelle verteilen und das Geld, nachdem er selbst von den Leuten einkassiert habe, an mich abführen. Diese Sache spielte sich kurz vor meiner Verhaftung ab, so dass ich durch diesen Umstand nicht mehr in den Besitz des Betrages gekommen bin.

Hauptmann Lamprecht

Mit Hauptmann Lamprecht bin ich gelegentlich in der Dienststelle zusammengekommen. Er hat von mir einige Male Zigarren mitgebracht bekommen, die er bis auf eine Kiste zu meinem Gestehungspreis bezahlt hat. Bei der einen Kiste, die billiger erhalten hat, handelt es sich um den gleichen Fall wie bereits vorstehend bei Sch. erwähnt, und zwar war es eine Kiste Zigarren holländischer Herkunft mit Papierdeckblatt, die ich mit 90 Pfg. einkaufte, aber wegen des grossen Mangels, der sich erst später herausstellte, für 60 Pfg. an Lamprecht abgegeben habe. Lamprecht hat ausserdem 2 — 3 Mal 1 Pfd. Kaffee zu meinem Gestehungspreis erhalten.

Betr.: Uk-Stellung.

Ich bin 1940 in Köln gemustert, und zwar Ersatzreserve I/Kv. Am Tage der Musterung bekam ich einen Brief vom Deutschen Verlag, den ich bei der Musterungsbehörde abzugeben hatte. Ich war dann vom Deutschen Verlag aus Uk gestellt, bis ich am Tage meines plötzlichen Ausscheidens einen Gestellungsbefehl bekam. Das war etwa am 5. bis 10.12.1942. Ich will dem Verlag zugute halten, dass es sich dabei um Duplizität der Ereignisse handelt. Seinerzeit war ich aber gerade vollauf damit beschäftigt, die 1 Million Bücher in die einzelnen Gaue der N.S.V. zu dirigieren, die als Weihnachtsgeschenk des Führers für die verwundeten Soldaten gelten sollten. Damit in dieser Expedition keine Panne passierte, wurden vom Reichspropagandaamt der NSDAP, Abt. Hauptkulturamt, Herrn Diehl, bei meinem zuständigen WBK Schritte unternommen und ich wurde daraufhin bis zum 31.12. wiederum zurückgestellt. Da ich zum D.A.V. umgewechselt bin, musste von dort aus ein neuer Uk — Antrag beim WBK eingereicht werden. Dieser Uk-Antrag wurde unterstützt durch den Führungsstab der Luftwaffe und der Büchersammlung für die deutsche Wehrmacht. Herr Oberstlt. Schepelmann hat dazu einen Brief verfasst, der meinem Uk-Antrag beigefügt wurde. Dieses Schreiben und den Uk-Antrag hatten dann Sch. und Herr Major Hart... vom OKW.-Inland — als Vertreter für die Büchersammlung beim zuständigen WBK.-Kommandeur abgegeben. Erwähnen möchte ich noch, dass der Antrag unterstützt wurde durch die Reichschrifttumskammer. Der Antrag wurde abgelehnt, und etwa im April bekam ich wiederum einen Gestellungsbefehl. Inzwischen hatte ich aber grosse Aufträge für das OKH. durchzuführen, weshalb das OKH, — Chef H Rüst und B.D.E. — (Stab) eine Zurückstellung auf zunächst 3 Monate bewirkte. Anfang Juli erhielt ich nach Ablauf dieser 3 Monate wiederum einen Gestellungsbefehl, und da die Aufträge des OKH. noch am laufen waren, wurde eine erneute Zurückstellung bis Dezember 1943 von Seiten des OKH. verfügt.

Betr.: Noch Schepelmann

Zur Charakterisierung Schepelmanns muss noch folgendes gesagt werden: M.E. hatte Sch. eine ausgesprochene Sucht nach alkoholischen Getränken. Es suchte jede Gelegenheit wahrzunehmen, die ihm einen Schnaps einbrachte. Wie ich bereits oben erwähnte, begründete er diese Sucht nach Sekt und Schnaps damit, dass er einen Herzfehler habe und dass seine Schmerzen oder Leiden dadurch stark gemildert würden. So habe ich es einmal erlebt, dass Sch. bei einem Besuch morgens um 9 Uhr bereits das Sektglas auf dem Tisch stehen hatte, und anschliessend versuchte er mit allen Mitteln, mich als "Saufkumpanen" zu bekommen, was ich aber ablehnte, weil es meine Arbeitsfähigkeit beeinflussen würde. Ich muss bei dieser Gelegenheit sagen, dass Sch. sich in seiner Bettelei um Alkohol mir gegenüber und m.W. auch Roeingh gegenüber in gewisser Weise erniedrigt hat. Ich habe nie in meinem Leben jemanden unter meinen Bekannten gehabt, der so um Schnaps betteln konnte, wie es Sch. gemacht hat. Ich habe manchmal mit allen Mitteln versucht mich herumzudrücken. Zum Schluss ist Sch. aus der Schnapssucht heraus doch der Stärkere geblieben. Ich kann mich erinnern, dass er z.B. morgens um 9 Uhr seinen Chauffeur zu R. geschickt hat nach vorheriger telefonischer Verständigung, wobei er zunächst um eine ganze Flasche gebeten hatte, dann aber mit sich handeln liess bis zu einer Reiseflasche. Die Schnäpse, die ich Sch. zukommen liess, wurde nie etwa auf mein Angebot hin gegeben, sondern immer erst nach vorheriger Drängelei. Ich wollte es vermeiden etwa in den Geruch zu kommen, nur wegen der Schnäpse etwa bei der Luftwaffe etwas zu erreichen. Aber auch Herr Roeingh wird bestätigen können, dass man sich manchmal dieser Drängelei, die ich als ekelhaft bezeichne, nicht entziehen konnte. Einen Fall möchte ich noch besonders erwähnen: In meiner Wohnung auf dem Frühstückstisch stand ein glas Bienhonig. Sch. hat mit mir mindestens 10 Minuten um dieses Glas Honig gekämpft, und er liess erst ab davon, als ich ihm sagte, dass meine Mutter sich diesen Honig vom Munde abgespart hatte, um ihn mir zugute kommen zu lassen. Folgender Fall ist noch erwähnenswert: Herr R[oeingh]. entschuldigte sich eines Samtags, dass er früher wegginge, er wolle nach Leipzig fahren, um mit der Reichsschrifttumskammer wegen der Genehmigung einer Reisebuchhandlung zu verhandeln, und er würde Montags wieder im Büro sein. Es hat sich später herausgestellt, dass das nur eine Finte war, um Sch. das nicht wissen zu lassen, weil er einen Ausweis besass, um in die besetzten Westgebiete zu kommen, von dem Sch. nichts wissen sollte, denn R[oeingh]. kam Montags nicht wieder. Sch. hat sich dann in der Folge fast täglich erkundigt, ob wir etwas über Herrn R[oeingh]. wüssten, was wir natürlich verneinen mussten, obwohl ich sofort den Verdacht zum Ausdruck brachte, dass R[oeingh]. sich in Paris aufhalte, was sich später auch bestätigt hat. Eines Tages kam auch etwa gegen 10 Uhr Sch. ins Büro des D.A.V., hat aber gleich darum gebeten, mit mir allein im Privatzimmer des Herrn Roeingh sprechen zu können, wo u.a. die Schnapsflaschen standen. Diese Pullen waren bis auf Reste in halben Gläschen geleert. Es ist bezeichnend für die Alkoholsucht Sch.'s, dass er die 4-5 Flaschen nacheinander in ein Gläschen auskippte und so noch 1 oder 2 Gläschen Cocktail zusammenkratzte und hinter die Binde goss. Bei mir zu Hause war ich auch gewohnt, Schnäpse etwa in dem Umfange, wie sie in einer Bar ausgeschenkt werden, einzugiessen. Sch. übertrieb aber meine Gastfreundlichkeit durch Selbstbedienung in 2 Fällen dadurch, dass er jedesmal Schwenkschalen halbvoll goss etwa im Umfange eines halben Wasserglases. Dadurch kam es, dass er, ohne dass ich es verhindern konnte, zweimal mit Schlagseite meine Wohnung verliess. Ich konnte diese Art der Selbstbedienung Sch. gegenüber nicht in der brüsken Form ablehnen, wie ich das jedem anderen meiner Bekannten gegenüber getan hätte, weil ich angenommen habe, dass ich ihn dadurch verletze. Sch. hat des öfteren R[oeingh]. gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass er diese oder jene Angelegenheit für R. in den späten Abendstunden bearbeiten müsse und dass er eben, um geistig frisch zu sein, etwas Alkohol brauchte. So hat die Angelegenheit Leistikow R[oeingh]. manche Flasche Schnaps gekostet. Sch. kam erstmals etwa Ende Februar-Anfang März in meine Wohnung, um mich aufzufordern, Akten, die ich vom Deutschen Verlag mitgenommen hatte, an diesen zurückzugeben. Beim D.A.V. konnte er mich nicht erreichen, weil ich um diese Tage, um dem D.A.V. Unannehmlichkeiten mit dem Deutschen Verlag zu ersparen, mich zu Hause aufhielt. Bei dieser Gelegenheit wurde er zum ersten Mal darauf aufmerksam, dass auch ich zu Hause Kognak habe. Von dieser Zeit fielen dann erst seine öfteren Verlangen nach Schnaps bei mir an. Einen Grund hatte Sch. immer, wenn er mich in der Wohnung aufsuchte. Es mag sein — bzw. dahingestellt bleiben, ob es sich um einen vorgeschobenen Grund handelte. Dass es von mir nicht beabsichtigt war, Sch. durch Überlassung von Schnaps zu bestechen, mag auch daraus hervorgehen, dass ich nie vor seinem ersten Besuch bei mir vorher den Versuch gemacht habe, ihm eine Pulle Schnaps auf den Schreibtisch zu stellen, obwohl ich dazu in der Lage gewesen wäre und sich manche Gelegenheit geboten hätte. Andererseits ist aber nicht zu verkennen, dass Sch. seine dienstliche Stellung und die Tatsache, dass ich mit der Dienststelle häufig zu tun hatte, bei der Inanspruchnahme meiner Gastfreundschaft ausgenutzt hat. Ich konnte schliesslich ihm gegenüber nicht so auftreten wie gegenüber einem x-beliebigen Anderen.

v.g.u.

Matthias Lackas

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